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Archiv-Artikel

Toll: ALG II-Collect geht schief

Die Software für Hartz IV stellt die Kommunen vor große Probleme: Die fristgerechte Auszahlung des Arbeitslosengeldes II ist dadurch in Gefahr. Bundesagentur für Arbeit will sich nicht äußern

VON ALEXANDER BÖER

Computerprobleme könnten die Auszahlung des neuen Arbeitslosengeldes II verzögern. Erste Kommunen im Revier steigen schon aus dem Softwareprojekt aus: Der Ennepe-Ruhr Kreis hat in einer Kreistagssitzung am Dienstag kurzfristig beschlossen, sich für das alternative Optionsmodell zu bewerben. Dieses Modell erlaubt kommunalen Trägern unter bestimmten Voraussetzungen, die Auszahlung des ALG II selbst zu organisieren. Zuvor war es in den seit März laufenden Verhandlungen zwischen der Agentur für Arbeit und dem Kreis zu keinem Konsens im punkto Aufgabenteilung und Zuständigkeit gekommen. Im Beschluss des Kreistages ist zu lesen, dass „die Kontakte mit der Agentur in den letzten Wochen zunehmend Zweifel an der Tragfähigkeit der Zusammenarbeit aufwerfen“.

Mit dem Optionsmodell entzieht sich der Ennepe-Ruhr-Kreis auch der ungeliebten neuen Software. Im Beschluss des Kreises wird ihre Funktionsfähigkeit als „äußerst fraglich“ bezeichnet. Viel besser sei es, die bisherigen kommunalen EDV-Programme, die im Rahmen der Sozialhilfe eingesetzt werden, in modifizierter Form zu nutzen.

Auch der Kreis Recklinghausen will die neue Software nicht zum Stichtag einsetzen. „Wir werden sie einsetzen, sobald wie möglich, aber definitiv nicht zum 1.1.2005“, sagt Bernhard Haardt, Sozialdezernent der Stadt Recklinghausen. Zu groß sei das Risiko, dass sich die Auszahlung von ALG II aufgrund von Programmfehlern verzögere oder sogar ganz unterbliebe. Recklinghausen hat bereits eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) mit der Agentur für Arbeit begonnen. „Wir arbeiten gut und vertrauensvoll zusammen“, sagt Haardt.

Die Bundesagentur für Arbeit hingegen hält an ihrem Programm fest. Sie hatte vorgestern ein Schreiben an ihre lokalen Agenturen versandt, aus dem hervorgeht, dass das Programm ab dem 4. Oktober zunächst in einigen ausgewählten Orten getestet werden soll, bevor es ab dem 18. Oktober den Kommunen zur Verfügung gestellt wird. Im Rahmen dieser stufenweisen Einführung würden einige Kommunen die Software erst am 25. Oktober erhalten. Damit verschiebt sich der ursprüngliche Starttermin für die Datenerfassung, der für den 1. Oktober geplant war, um vier Wochen. Experten hatten schon im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass ein solches Mammutprojekt kurzfristig nicht zu realisieren sei.

Den Programmierauftrag hatte T-Systems im Dezember 2003 erhalten, obwohl sich die Telekomtochter erst kurz davor mit der LKW-Maut blamiert hat. T-Systems hat die Hertener Firma PROSOZ als Subunternehmer mit der Entwicklung betraut. Zur Betriebsfähigkeit des Programmes schweigt sich der Geschäftsführer Klaus Bechtel aus: „Es gibt eine klare vertragliche Regelung mit T-Systems, dass Auskünfte zum Entwicklungsstand nur durch die BA erfolgen.“