: Holzköpfe jetzt aus Kunststoff
Im Kölner Kommunalwahlkampf zeigt sich ein neuer Trend. FDP und SPD werben auf Kunststoffschildern, die witterungsbeständig und recycelbar sind. Ökobilanz zweifelhaft
Köln taz ■ Mehr Parkplätze in Neu-Ehrenfeld. Bildung, Betreuung und Chancen für unsere Pänz. Fette Wirtschaft, statt Vetternwirtschaft. Fast jeder Laternenpfahl in Köln verheißt zurzeit Gutes. Denn es herrscht Wahlkampf und die Parteien buhlen mit mehr oder weniger flotten, doppeldeutigen oder schlichten Sprüchen auf ihren Plakaten um Wählerstimmen. Dabei überwiegen die alt hergebrachten Papierposter auf Holzplatten, mühevoll aufgehängt von Heerscharen freiwilliger Parteimitglieder oder teuer bezahlter Aushilfen.
Nur FDP und die SPD hatten es dieses Mal einfacher. Sie haben neuartige Kunststoffschilder verwendet, die nicht nur regenresistent, sondern auch wesentlich leichter sind. Dominik Schmidt, FDP-Stadtratskandidat und aktiver Wahlkämpfer, kam bereits im Herbst letzten Jahres auf diese Idee. Angeregt durch den Zirkus Roncalli, der auf Kunststoffschildern seine Vorführungen ankündigt, dachte der 25-Jährige direkt an die bevorstehenden Wahlkämpfe. Statt der witterungsanfälligen und schweren Holzplatten könnten die Kunststoffplatten erhebliche Erleichterung schaffen.
Der findige FDP-Mann Schmidt gründete umgehend mit dem Roncalli-Werbechef Steven Jones ein gemeinsames Unternehmen und verkauft seit Ende letzten Jahres hauptsächlich an Parteien die bedruckten Kunststoffschilder.
Speziell die Kölner Liberalen haben davon auffällig viele in der ganzen Stadt aufgestellt, angeblich rund 10.000. Das wären fünf Mal soviele wie die SPD und sogar fast zehn Mal soviele wie die CDU für den Kommunalwahlkampf postiert hat. Die CDU hat sich deshalb schon beschwert, doch die FDP weist jede Schuld von sich.
Hergestellt und bedruckt werden die aus Polypropylen bestehenden Platten in Italien. Ein langer Weg, den Schmidt in Kauf nimmt, weil es in Deutschland weder Hersteller noch Druckereien gibt, die seiner Meinung nach den komplizierten technischen Verfahren gewachsen sind.
Trotzdem behauptet Schmidt, seine Schilder seien umweltfreundlich. „Die Schilder werden wieder eingesammelt, nach Italien gebracht, dort geschreddert, eingeschmolzen und wieder verwertet“, erklärt er. Einmal mehr beweist sich, dass Recycling schnell das schlechte Umweltgewissen beruhigt und andere Mankos in der Ökobilanz vergessen lässt. So schreckt selbst manche Grüne der lange Transportweg nicht ab.
Im saarländischen Landtagswahlkampf haben die Grünen Schmidts Schilder verwendet und sind begeistert. „Die Farben sind viel klarer. Wir haben uns deutlich von den anderen Parteien abgehoben“, freut sich Torsten Reis von den saarländischen Grünen. Sein Umweltgewissen? Beruhigt durchs Recycling.
Die Kölner Grünen zeigen sich da wesentlich kritischer. „Für uns kommen die Plastikschilder nicht infrage“, sagt die grüne Geschäftsführerin Diana Siebert. „Erstens wegen des langen Transportweges aus Italien und zweitens, weil es ökologisch sinnvoller ist Abfall zu vermeiden, statt mit hohem Energieaufwand zu recyceln.“
Deshalb benutzen die Grünen in Köln weiter die herkömmlichen Hartfaserplatten, die für jeden Wahlkampf neu beklebt werden. An ehrenamtlichen Helfern, die das mühsame Aufhängen übernehmen, mangelt es wohl kaum. Christiane Martin