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Archiv-Artikel

Tiefwasserhafen im Seichten

Auf dem Erörterungstermin in Wilhelmshaven drohen Naturschutzverbände und Nachbargemeinden mit Klagen. Bürgerinitiative hofft weiter auf Scheitern des Projekts

Wilhelmshaven taz ■ Der frühere Bürgermeister aus dem Nachbardorf lässt sich nicht beirren. „Hier wird eine Chance, etwas mit der Region gemeinsam zu entwickeln, sausen gelassen“, sagt Dietrich Gabbey in das Mikrofon, das zwischen Stuhlreihen in der Mitte der Wilhelmshavener Stadthalle aufgebaut ist. Und: „Sie zwingen uns dazu, den Klageweg zu beschreiten.“ Er meint die Jade-Weser-Port Realisierungsgesellschaft. Die will bei Wilhelmshaven für über 600 Millionen Euro niedersächsisches Steuergeld einen Tiefwasserhafen ins Watt setzen, erste Ausbaustufe der Riesenkaje: 360 Hektar. Dabei aber, fürchtet der Bürgermeister, wird es nicht bleiben. Und spätestens mit der Erweiterung nach Norden bekommt seine Gemeinde, die fast ausschließlich vom Tourismus lebt, ein riesiges Problem.

Eine ordentliche Regionalplanung, argumentiert Gabbey, würde das verhindern. Die aber gibt es nicht. Die Folge: Selbst Nachbargemeinden wie Varel, die einen Großteil des hafeninduzierten Verkehrs werden tragen müssen, wurden am Verfahren nicht beteiligt. Die Hafenplaner treibt anderes um. Man habe „ein Problem damit“, dass Herr Gabbey hier als Gemeindevertreter auftrete, erwidert einer aus seinem Sessel auf dem Podium. Denn: „Wir erörtern die Einwände von Privatpersonen.“

Knapp 3.000 von ihnen haben der Planung ganz oder in Teilen widersprochen, haben Fehler und Ungereimtheiten moniert. Falsche Zahlen in den Verkehrsprognosen, undurchsichtige Berechnungen, fehlende Lärmschutzwälle. Die meisten Probleme, sagt Manfred Berger von der Initiative „Bürger gegen den JadeWeserPort“, entstünden „durch die Hinterlandverkehre“. Die Bürger fürchten vor allem den Lärm: „Das ist kein Privatproblem von Einzelnen.“

Wegen Verstößen gegen die EU-Umweltgesetzgebung haben mehrere Umweltverbände letzte Woche bereits Klagen gegen das Riesenprojekt angekündigt. Berger und seine Mitstreiter hoffen immer noch, den Hafen zu kippen – aus ökonomischen Gründen. Weil die Pachteinnahmen die Kosten bei weitem nicht deckten, entstünde dem Land Niedersachsen allein durch den Kajenbau jährlich ein Verlust in Höhe von 78 Millionen Euro, sagt Joachim Tjaden von der Wilhelmshavener Alternativen Liste. Die zu erwartenden Steuereinnahmen seien dagegen minimal. Eurogate etwa, der mutmaßliche Betreiber der geplanten Terminals, habe bei 500 Millionen Euro Umsatz im letzten Jahr ganze 1,2 Millionen Euro an den Fiskus abgeführt.

Niedersachsen müsse darüber hinaus auch die Kosten für die Ausbaggerung der Jade tragen, sagt Tjaden. Dies habe das Bundesverkehrsministerium der Bürgerinitiative bereits schriftlich bestätigt. Abgesehen davon, dass die Fahrrinne womöglich aufgrund der veränderten Strömungsverhältnisse künftig andauernd zugespült werden könnte, reicht auch ihre derzeitige Tiefe nicht aus: Die Zufahrt zum geplanten „Tiefwasserhafen“ ist nicht 18, sondern nur 13,5 Meter tief. Armin Simon