: Der Zug fährt ab ...
... und etliche bleiben auf der Strecke. In Hamburg fehlen Studienplätze, da hilft auch keine Schneekugel. Ein Editorial
von KAIJA KUTTER
Hamburgs Hochschulen haben seit dem Antritt von CDU/FDP/Schill eine stressige Zeit durchgemacht. Im Eiltempo hat der neue Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) Studiengebühren, ein neues Hochschulgesetz und eine radikale Strukturänderung angezettelt. Vieles wurde abgeschwächt. Im Kern bleibt es aber bei Drägers Vorhaben: Studienplätze abzubauen, um die Betreuung zu verbessern, und Hochschulräte einzuführen, die auch unbeliebte Dinge durchsetzen.
Was nun folgt, ist ein Semester, in dem es um die Umsetzung geht. Ziele für den Abbau werden hochschulweise vereinbart. Hochschulräte werden gewählt, die bereits in Kürze an Universität und HAW die neuen Präsidenten wählen. Satzungen werden geändert, um Regel und Ausnahme bei den Studiengebühren festzulegen. Und Studierende mit doppelter Regelzeit werden mit der Forderung konfrontiert, die Hochschule zu verlassen. Der Zug fährt ab, und einige bleiben auf der Strecke.
Totgelaufen hätte sich der Protest, berichtet ein früherer AStA-Referent und meint damit auch die Proteste gegen das konsekutive Bachelor-Master-System, in dem das Studium zweigeteilt und per Quote festgelegt wird, das nur wenige das vertiefende Masterstudium absolvieren dürfen. Dräger hat bei seinen Leitlinien auf diese Quote verzichtet. Experten warnen nun davor, dass diese durch die Hintertür eingeführt wird. Denn finanziert werden die Hochschulen künftig nach Absolventenzahlen, wobei der kürzere Bachelor-Abschluss maßgeblich ist. Andere Experten wiederum glauben, dass diese Quoten real kein Problem sind, weil die meisten nach dem Bachelor gar nicht weiterstudieren wollen.
Totlaufen könnte sich aber auch manches Dräger-Vorhaben. So soll die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) bekanntlich mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Uni fusionieren. Und weil alle Beteiligten dies nicht wollen, wurde ein Moderationsprozess verordnet. Die Sache gestaltet sich zäh. Nach einem ersten Termin im September fand sich erst für zwei Monate später ein neuer. Hoffnung also doch vielleicht für die Studierenden der HWP, die mit einer Volksinitiative ihre Hochschule retten wollen. Ihr Aufruf ist diesem Heft beigelegt.
Ganz zufrieden mit dem Lauf der Dinge ist Uni-Präsident Jürgen Lüthje, wie wir im Interview erfuhren. Denn die Uni erhält den Spielraum, ihre Fächerbreite zu erhalten. Nur die Zahl jener, die hier eine Chance auf Bildung erhalten, wird reduziert.
Wird die Uni zu klein? Wohl schon, wenn wir Schulabgänger fragen. Das Gebilde auf dem Titel stellt das Uni-Hauptgebäude verkleinert in einer Schneekugel dar. Leicht nachzubilden mit etwas Fimo und einem Kugelbausatz aus dem Bastelladen. Auf den Nachtschrank gestellt ist es vielleicht ein kleiner Trost für jene, die gerade keinen Platz bekamen.