: Viel Budenzauber
Erfolge, Verwerfungen, Gerüchte: Buchmessen-Chef Volker Neumann muss Ende nächsten Jahres gehen
Vergangenen Samstag noch reiste Volker Neumann guten Mutes nach Kairo, um dort zusammen mit Amre Mussa, dem Generalsekretär der Arabischen Liga, einmal mehr gut Wetter bezüglich des diesjährigen Schwerpunktes der Frankfurter Buchmesse zu machen und stolz die Brust zu schwellen: „In diesem Jahr begrüßen wir das wohl mit Abstand spannendste Gastland, das wir uns vorstellen können“, säuselte Neumann in Kairo.
Und doch hat das zugegebenermaßen nicht einfache und letztlich erfolgreiche Stemmen des arabischen Gastauftrittes bei der diesjährigen Frankfurter Buchmesse genauso wenig geholfen wie die in den letzten Tagen sich häufenden Verweise Neumanns darauf, dass sich die Buchmesse nach den Krisenjahren 2001 und 2002 wirtschaftlich konsolidiert habe: Volker Neumanns Vertrag als Buchmessenleiter wurde vom Messe-Veranstalter, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, nicht verlängert. Mit der Buchmesse im nächsten Jahr endet Neumanns Amtszeit, die erst im Herbst 2002 begonnen hatte.
Man wolle sich „strategisch und personell langfristig aufstellen“, erklärte der Aufsichtsrat des Börsenvereins, Joachim Treeck, knapp und ohne weitere Angaben von Gründen für die Demission Neumanns. Er verwies gegenüber der FAZ auf den zeitlich sowieso begrenzten Vertrag mit dem 62-jährigen Neumann, würdigte dessen Verdienste und sprach von einem „normalen Vorgang im Wirtschaftsleben“.
Der Zeitpunkt für diese Entscheidung ist vier Wochen vor der Buchmesse allerdings ungewöhnlich, er deutet darauf hin, dass die Verwerfungen zwischen Neumann und dem siebenköpfigen Aufsichtsrat des Börsenvereins nicht die kleinsten sind. Die vor zweieinhalb Jahren für viel Wirbel sorgende Androhung, die Buchmesse nach München zu verlagern, allein schon der horrenden Frankfurter Hotelpreise wegen, hat Neumann in Frankfurt naturgemäß keine Freunde eingebracht – obwohl die erneut aufgeflammte Diskussion um die Hotelpreise Neumann nur bestätigt.
Auch die arabischen Länder als Buchmessenschwerpunkt zu gewinnen, stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung – immer wieder wird der Vorwurf laut, nur überwiegend linientreue arabische Staatsdichter würden den Weg nach Frankfurt finden. Doch selbst so manche andere, kleinere Neuerung des quirligen ehemaligen Bertelsmann-Managers Neumann scheint auf nicht so viel Gegenliebe gestoßen zu sein: die Ausweitung des Filmprogramms, die Streichung des Montags, das Zulassen des Verkaufs von Büchern am letzten Publikumstag, Wladimir Kaminers Russendisko im letzten Jahr, überhaupt die Popularisierung der Buchmesse und der damit einhergehende Budenzauber.
Auch von Vorwürfen gegenüber Neumann, zu wenig am Arbeitsplatz Frankfurt gewesen zu sein, ist die Rede. Am Ende vieler Spekulationen stehen die empörte Reaktion Neumanns, der fest mit einer Weiterbeschäftigung bis in das Jahr 2007 rechnete, und die Tatsache, dass die Buchmesse immer größer und unbeeindruckbarer sein dürfte als die Personen, die für ihr Wohlergehen verantwortlich sind. GERRIT BARTELS