DER AFGHANISTAN-EINSATZ WIRD MANGELS ALTERNATIVEN FORTGESETZT : Unerreichbares Ziel
Bei der Diskussion über den Bundeswehreinsatz in der afghanischen Provinz geht es nicht mehr um die Stabilisierung des Landes. Alle Beteiligten wissen inzwischen, dass dieses Ziel – auch regional – nicht mit ein paar hundert Militärs zu verwirklichen ist. Warum bringt die Bundesregierung dann nicht wenigstens die deutschen Soldaten aus der Gefahrenzone, und warum signalisiert nun auch der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble seine Zustimmung? Weil jede Alternative schlimmer wäre.
Unmittelbar nach dem Sturz des Taliban-Regimes hatten Landeskenner darauf hingewiesen, dass es in Afghanistan überhaupt nur dann Hoffnung auf dauerhaften Frieden gebe, wenn die internationale Gemeinschaft zu einem immensen Kraftakt bereit sei. Also zu Hilfe in Milliardenhöhe und zur Entsendung mehrerer hunderttausend Soldaten unter UN-Mandat. Dazu war aber niemand bereit. Die Folge: Es wurde versucht, sich mit einer Billigvariante irgendwie durchzumogeln.
Dieser Versuch ist gescheitert. Der breite, multinationale Einsatz, den die Bundesregierung in Kundus und Faisabad in Aussicht gestellt hatte, ist inzwischen auf die – mögliche –Beteiligung von 40 tschechischen Soldaten geschrumpft. Ein eindrucksvoller Beweis westlicher Entschlossenheit.
Die USA machen weiterhin Jagd auf Terroristen. Die zeitgleiche Präsenz von Kampf- und Friedenstruppen in einem Land ist ein Widerspruch in sich. Falls nämlich die Bundeswehr zur Flucht aus Kundus gezwungen wäre, weil ihre Präsenz dem besser bewaffneten Regionalfürsten plötzlich nicht mehr opportun erschiene, dann bekäme der lokale Machthaber es schnell mit der US-Luftwaffe zu tun. Die Abgrenzung zwischen den verschiedenen Operationen besteht folglich nur auf dem Papier.
Wenn sich die Bundeswehr jedoch nun zurückzöge, dann würde damit signalisiert, eine Mittelmacht habe die Stabilisierung des Landes endgültig aufgegeben. Etwas Besseres können Islamisten sich nicht wünschen. So entsteht eine absurde Situation: Das Parlament wird der Verlängerung eines Militäreinsatzes zustimmen, dessen proklamiertes Ziel die Abgeordneten parteiübergreifend für unerreichbar halten. Es ist schon richtig: Die Wahrheit stirbt im Krieg zuerst. BETTINA GAUS