Eon übt die Rolle rückwärts

Der Versorger will angeblich Energiepreise einfrieren, wenn dafür Kraftwerke schneller genehmigt werden. Konkurrenz lehnt Vorschlag ab – sie hätte keinen Vorteil

BERLIN taz ■ Der Energiekonzern Eon reagiert offensichtlich auf die massive Kritik an den von der Branche geplanten Strompreiserhöhungen. Nach Presseberichten will Eon auf die Anhebungen verzichten, bis die geplante Regulierungsbehörde ihre Arbeit aufnimmt. Im Gegenzug könnte die Bundesregierung die Genehmigungsverfahren für neue Kraftwerke beschleunigen. Die Versorger Vattenfall und RWE halten hingegen an ihren Plänen fest.

Bundeskanzler Gerhard Schröder will mit den Konzernspitzen der vier größten deutschen Versorger RWE, Eon, Vattenfall und EnBW bei einem Treffen die geplante Strompreiserhöhung diskutieren. Der in den Medienberichten genannte Termin 30. September wurde in Regierungskreisen auf Anfrage der taz dementiert. Bei dem „Energiegipfel“ will Eon-Chef Wulf Bernotat angeblich vorschlagen, dass die Netznutzungsentgelte, die alternative Anbieter an den örtlichen Versorger zahlen müssen, vorerst unverändert bleiben.

Nach Angaben der Wirtschaftswoche soll dies auch für die Endkundentarife gelten. Möglich bleiben sollen hingegen Preiserhöhungen bei der Eon-Tochter Ruhrgas. Eon wollte zu den Berichten keine Stellungnahme abgeben.

In den nächsten Jahren muss in Deutschland ein großer Teil der Kraftwerke aus Altersgründen ersetzt werden. Der Vattenfall-Konzern, zu dem unter anderem die Hamburger HEW und die Berliner Bewag gehören, hat nach der Wende große Summen in ostdeutsche Kraftwerke investiert und würde daher keinen großen Vorteil aus kürzeren Genehmigungsverfahren ziehen.

Eon dagegen könnte eine Beschleunigung durchaus Geld ersparen. Das Problem sei allerdings weniger die Dauer der Genehmigungsverfahren als vielmehr die Unlust einiger Unternehmen, in neue und damit umweltfreundlichere Kraftwerke zu investieren, hieß es süffisant aus Regierungskreisen.

Vattenfall wie auch der Essener RWE-Konzern lehnten ein Preis-Moratorium gestern ab. Man wolle dem Kanzler auf dem Energiegipfel die Argumente vorlegen, sagte eine RWE-Sprecherin. Nach den Medienberichten will Eon aber bei einem Preis-Moratorium auf keinen Fall einen Alleingang unternehmen. Doch für ein gemeinsames Vorgehen der Konzerne ist ihre Ausgangslage zu unterschiedlich. So hat Eon noch keine Preispläne veröffentlicht, während Vattenfall und RWE teils drastische Preiserhöhungen bereits angekündigt haben und daher einen Rückzieher machen müssten. Zudem wird Eon – wie auch Vattenfall – durch die jüngsten Änderungen bei der Windenergie-Förderung entlastet.

Die Strompreise für Industriekunden haben unterdessen einen neuen Höchststand erreicht, teilte der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) unter Berufung auf seinen seit 2002 geführten Strompreisindex gestern mit. Allein in den letzten fünf Monaten habe der Anstieg fast neun Prozent betragen. Die verlangten Tarife hätten häufig nichts mehr mit den realen Beschaffungskosten der Stromanbieter zu tun.

MATTHIAS BERGT