Mangelhafte Kooperation

Die Umsetzung der Lokalen Agenda 21 (LA 21) ist ins Stocken geraten. Viele Projektideen im Bereich „Soziale Stadtentwicklung“ können aus Mangel an finanziellen Mitteln nicht umgesetzt werden

Aus Sicht von Politikern kann man mit der LA 21nichts gewinnen

VON DIRK HAGEN

Für den Stadt- und Kiezinteressierten sind Quartiersmanagement, Sanierungsgebiet oder Milieuschutzverordnung, so genannte Steuerungsinstrumente der Sozialen Stadtentwicklung, schon längst bekannte und oft zitierte Begriffe. Wie aber kommt die Lokale Agenda 21 (LA 21) in diesem Dickicht von rund einem Dutzend Programmen, Verordnungen oder Maßnahmen eigentlich zurecht?

Die Lokale Agenda 21, einst auf der Konferenz der Vereinten Nationen 1992 in Rio de Janeiro formuliert, ist eng mit der Zielvorstellung verbunden, vorhandene Ressourcen auch für nachfolgende Generationen zu sichern. Nachhaltiger Umgang mit Natur und Umwelt in insgesamt über 6.000 LA-21-Initiativen weltweit ist dabei Grundgedanke und die Bandbreite von Projektthemen – vom „Klimaschutz“ über „Bildung“ bis hin zur „Geschlechtergerechtigkeit“ – äußerst bunt mit einer Neigung hin zur Unübersichtlichkeit.

In Berlin ist die LA 21 mit über 100 Initiativen nun schon seit einigen Jahren mit einem Agendaforum organisiert, und ein Agendabüro ist bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angesiedelt. Die so genannte Berliner Agenda soll – nach langer Verzögerung – nun noch im September verabschiedet werden.

Doch gerade bei der Formulierung der Agenda prallten zuletzt auch die unterschiedlichen Vorstellungen der Vertreter von Verwaltung und Politik sowie der LA-Aktiven heftig aufeinander. So wurde im Dezember letzten Jahres von Senatsseite aus die Vorstellung formuliert, die vorhandenen finanziellen Mittel nur noch in einige wenige „Leitprojekte“ zu stecken, die sich wiederum an den in Berlin so gerne und häufig erarbeiteten Leitbildern zu orientieren haben.

Wie viel die Politik von der LA 21 wirklich hält, wird bei der finanziellen Ausstattung des gesamten Prozesses in Berlin deutlich: Von den vor einigen Jahren noch zur Verfügung gestellten 500.000 Euro werden, nach den 150.000 Euro für 2003, für 2004 noch ganze 100.000 Euro übrig bleiben. „Aus Sicht von Politikern kann man mit der LA 21 erst einmal nichts gewinnen“, stellt dann auch Norbert Rheinlaender, der Forumsleiter „Soziale Stadtentwicklung“, dazu fest. Verschiedene Projektideen im Bereich Soziale Stadtentwicklung wie zum Beispiel die Einrichtung von Nachbarschaftstreffs auf Kiezebene sind dann leider auch aus Mangel an finanziellen Mitteln über die Ideenphase nie hinausgekommen.

Durchaus problematisch ist der Stand von LA 21 in der Verwaltung: Die durch Bürgerinitiativen, Vereine oder Privatpersonen initiierten LA-21-Projekte sind im Gegensatz zum vielstimmigen Orchester der Verordnungen, Maßnahmen oder Programme nur sehr lose in der Verwaltung verankert – und werden auch deshalb als konstantes „Steuerungsinstrument“ im Stadtviertel kaum beachtet. So sieht Heide Becker vom Deutschen Institut für Urbanistik, zuständig für das bundesweite Programm „Soziale Stadt“, auch nur ein geringes Zusammenwirken zwischen den verschiedenen, einschlägig bekannten Instrumenten und der LA 21. Und noch ein Problem ist offensichtlich: Bei den in nur geringem Umfang zur Verfügung gestellten Mitteln im Bereich Soziales und Stadtentwicklung sind die LA-21-Projekte ein weiterer Konkurrent im Verteilungskampf ums Geld – und damit bei den etablierten Kreisen der Stadtentwickler sicher nicht immer nur gern gesehen. Katja Niggemeier vom LA-21-Projekt „Revaler Viereck“, einem 10 Hektar großen Gelände auf dem ehemaligen Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, weist auf den Vorteil informeller Kontakte hin, die durch regelmäßige Treffen von Verwaltung und Projektaktiven entstehen. Eine neue Form der Kooperation stellt das sicher noch lange nicht dar. So glaubt Niggemeier auch nicht, „dass LA 21 einem wirklich Türen öffnet“. Fasst man dies alles zusammen, muss immer noch von einem recht schwierigen Verhältnis zwischen Verwaltung und Politik auf der einen Seite sowie LA 21 auf der anderen Seite ausgegangen werden.

Eine deutlich bessere Qualität scheint die Kooperation zwischen LA 21 und verschiedenen Wohnungsunternehmen aufzuweisen. Die betriebswirtschaftlichen Probleme gerade größerer Wohnungsunternehmen in Berlin werden zumindest in Teilen durch Leerstand von Wohnungen und Gewerbe sowie Vandalismusschäden verursacht. In dieser Situation offener für alternative Nutzungskonzepte, bietet LA 21 fast schon klassische Ideen der Stadtsoziologie wie die Mischung von Wohnen und Arbeit oder sozial und altersmäßig durchmischte Wohngebiete den Wohnungsunternehmen an – und wird von diesen durchaus gehört. Ein Beispiel für die Umsetzung solcher stadtsoziologischen Vorstellungen ist in dem LA-21-Leitprojekt „Generationenübergreifendes Wohnen“ zu finden. Am Ende ist zu hoffen, dass auch die Verwaltung und die politischen Akteure auf Senats- und Bezirksebene endlich beginnen, LA 21 als einen Kooperationspartner wirklich ernst zu nehmen.