berliner szenen Werbung ist Kunst

Die Druckerpatrone

Das Schönste am Kino ist doch die Werbung. Im Gegensatz zum Film hat man die nämlich nachher sofort vergessen und muss sich nicht tagelang darüber ärgern. Sie spukt höchstens ein bisschen im Unterbewusstsein, und dann wundert man sich, warum man plötzlich von „das Auto“ träumt, obwohl man gar keinen Führerschein hat.

Werbung auf Lesebühnen funktioniert genauso. Nämlich gar nicht. Zum Beispiel: Vorletzte Woche blinkte mein Drucker. Da hab ich eine neue Patrone gekauft. Für 24 Euro. Im Laden. Die setzte ich zu Hause ein. Der Drucker blinkte. Ich nahm sie wieder raus. Der Drucker blinkte. Ich setzte die alte Patrone ein. Der Drucker blinkte. Ich prüfte Kabel und Papierzufuhr, ich de- und reinstallierte, ich schlug mit der flachen Hand auf die Abdeckung. Der Drucker blinkte.

Da hab ich mich hingesetzt und geflucht und bei einem Onlineauktionshaus einen neuen Drucker gekauft. Mit Patronen. Für 25 Euro. Und weil ich die Patrone nicht wieder zurückgeben konnte, weil sie nicht mehr OVP war, habe ich sie in besagtem Onlineauktionshaus verkauft. Für sagenhafte 9 Euro. Und jetzt meldet der Vogel sich nicht. Und deshalb frage ich jetzt auf allen Lesebühnen, ob jemand eine Druckerpatrone gebrauchen kann. Keiner meldet sich. Lachen tun sie. Mach einmal Reklame, und kein Mensch wird dich je wieder ernst nehmen. Werbung glaubt man nicht. Das macht sie zu echter Kunst. Im Gegensatz zur wahren Kunst, wo immer noch interpretiert und verschlüsselt wird und sich am Ende doch das echte Leben durchs Falsche schummelt. Deswegen hab ich auch die Berlinale geschwänzt. Zehn Tage Kino ohne Werbeunterbrechung. Also, bitte! Brauchen Sie vielleicht eine Druckerpatrone?

LEA STREISAND