: Ladenschluss tritt wohl bald ab
Berlin will Freitag im Bundesrat die jetzige Regelung kippen. Kommt der Antrag auch im Bundestag durch, hat das Abgeordnetenhaus das letzte Wort. Bei SPD und PDS ist das Thema noch umstritten
VON STEFAN ALBERTI
Berlin will den Ladenschluss zur Ländersache machen. Der Senat hat gestern beschlossen, am Freitag eine entsprechenden Antrag im Bundesrat zu unterstützen. Hat nicht länger der Bund das Sagen, könnte das Abgeordnetenhaus eigenhändig entscheiden: Werktags grünes Licht für Einkaufen rund um die Uhr. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ist dafür, Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) unter bestimmten Bedingungen auch. In den Koalitionsfraktionen von SPD und PDS ist das Thema allerdings noch umstritten. Der Sonntag soll bis auf wenige Ausnahmen als Ruhetag unangetastet bleiben.
Im Juni hatte das Bundesverfassungsgericht erklärt, es müsse geprüft werden, ob eine bundeseinheitliche Regelung noch sachgerecht sei. Baden-Württemberg hatte daraufhin im Bundesrat beantragt, das Ladenschlussgesetz zu ändern und Länderregelungen zuzulassen. Geht der von einer Mehrheit der Bundesländer unterstützte Antrag durch, liegt die Entscheidung beim Bundestag. Dort gibt sich die SPD als größte Fraktion vorerst zurückhaltend bis ablehnend. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di nennt ein Ladenschluss-Aus „ökonomischen Schwachsinn“.
Auch die Berliner Koalitionspartner haben noch keine abgeschlossene Meinung zu dem Thema. In der PDS-Fraktion stehe ein beschäftigungsorientierter Flügel einem konsumorientierten gegenüber, sagt ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Benjamin Hoff: „Wir sehen keinen Handlungsbedarf, sofort etwas zu tun.“ Sein SPD-Kollege Günther Krug würde zwar wie Wowereit gern werktags Einschränkungen fallen lassen. Der Gewerkschaftsflügel lehne das jedoch bislang ab. Die Gegner kritisieren, dass die längeren Öffnungszeiten vor allem die Frauen zu tragen hätten, die die Mehrzahl der Beschäftigten im Handel stellen.
In der Wirtschaftsverwaltung von PDS-Senator Wolf ist man sich der Bedenken in den Fraktionen bewusst, kann sich dennoch gut vorstellen, den Ladenschluss zu streichen. „Das ist sicher kein großes Konfliktthema“, sagte Wolf-Sprecher Christoph Lang. Als Voraussetzung nannte er, dass der bislang durch das Ladenschlussgesetz gewährleistete Arbeitsschutz dann durch die Tarifpartner geregelt werde.
Lang zufolge gab es bereits unter der großen Koalition eine ähnliche Bundesratsinitiative wie jetzt. Die sei vor allem am Widerstand von Nordrhein-Westfalen gescheitert. Lang erwartet, dass NRW auch dieses Mal von Bedeutung ist: Wegen der Landtagswahl im Mai könnte das Thema möglicherweise erst danach in den Bundestag kommen.
Die Wirtschaftsverwaltung geht zwar nicht davon aus, dass die Berliner bei längeren Öffnungszeiten mehr Geld beim Handel lassen. Die Reform soll aber zusätzliche Einnahmen über Berlin-Besucher, den so genannten Einkaufstourismus, fördern. Lang sah bei einem Ende des Ladenschlusses Chancen für kleinere Geschäfte. Die könnten mit leicht höheren Preisen eine Marktlücke finden, weil es sich für große Supermärkte voraussichtlich nicht lohne, nachts geöffnet zu sein.