piwik no script img

Archiv-Artikel

NPD findet zurück zum rechtsextremen Ton

Nach ihrem Wahlerfolg in Sachsen will die NPD jetzt das ganze „überholte System der Bundesrepublik“ angreifen

FREITAL/DRESDEN taz ■ Grotesk der Aufzug gestern in einer Bar des ehemaligen Klubhauses der Edelstahlwerker in Freital bei Dresden: Umrahmt von schwarz-rot-goldenen, schwarz-weiß-roten, sächsischen und Partei-Fahnen empfängt die Landes- und Bundesspitze der rechtsextremen NPD nach ihrem Landtagswahlerfolg in Sachsen am Sonntag (9,2 Prozent) die Presse.

Es beginnt mit einer Tirade von Holger Apfel, künftig Chef der NPD-Fraktion im Landtag. Ein „Trommelfeuer“ hätte der „Gossenjournalismus“ gegen die Nationaldemokraten losgelassen und dabei seine schlechte Kinderstube offenbart. Dabei hatte sich eine Vielzahl der Geschmähten extra zu einer konspirativen Bushaltestelle und von dort in die Bar aufgemacht, weil der Saal der Landespressekonferenz noch nicht zur Verfügung stand. Zu viel der Ehre?

Apfel jedenfalls hat zu seinem rüden Duktus zurückgefunden, nachdem er sich im Wahlkampf scheinbar um Mäßigung bemühte. Er freut sich über „weltweites Aufsehen“ und sieht die geschlossene „nationale Opposition“ 2006 im Bundestag. Es falle ihm allerdings nicht leicht, mit der „Mauermörderpartei PDS“, der „Arbeiterverräterpartei SPD“ oder den „linksradikalen grünen Drahtziehern des antifaschistischen Terrors“ künftig unter einem Landtagsdach zu arbeiten. Dort will die NPD auch einen Sitz in der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz beantragen. Apfel wähnt seine Partei nach dem Auffliegen einiger V-Männer und dem gescheiterten Verbotsantrag jedenfalls frei von „Minusseelen“, die ihre Partei verraten hätten. Man sei hart gegen alle vorgegangen, die „für diesen Staat arbeiteten“.

NPD-Bundeschef Udo Voigt liefert anschließend womöglich Argumente für einen neuerlichen Verbotsantrag. Der „entartete Liberalkapitalismus“ müsse überwunden werden. Er hoffe, dass das „überholte System der Bundesrepublik ein Ende finden wird“. Wenn jeder zehnte Sachse die NPD wähle, sei das für ihn schon ein „revolutionäres Umschwenken“. Danach müsse ein neuer Sozialstaat kommen, „der den Interessen des deutschen Volkes Rechnung trägt“.

Konzepte für die Landtagsarbeit? Lediglich Uwe Leichsenring aus der Sächsischen Schweiz nannte Kommunalabgaben, den Landesentwicklungsplan und das Schulnetz als Themenfelder. Dort ackern jedoch auch andere – die PDS etwa will mit einer Flut von Anträgen gleich zu Beginn den Braunen zuvorkommen.

Man wolle aber gegen die NPD nicht die gleichen Geschäftsordnungstricks versuchen, wie sie die CDU lange gegen die PDS angewandt hat, kündigte PDS-Chef Peter Porsch an. Die NPD dürfe auch nicht als Hauptfeind erscheinen, um sie nicht aufzuwerten. Man wolle sich inhaltlich mit ihr auseinander setzen, wobei Porsch weitgehende Inhaltsleere der NPD vermutet. Ähnlich äußerte sich der grüne Landessprecher Karl-Heinz Gerstenberg. Der Auszug der übrigen Kandidaten aus einer MDR-Talkrunde am Wahlabend sei ein einmaliges Zeichen gewesen.

Innenminister Horst Rasch (CDU) plädierte ebenfalls für die inhaltliche Auseinandersetzung mit einer NPD, die sich „relativ schnell entzaubern“ werde. Er äußerte aber auch Verständnis, wenn sich die Abgeordneten der anderen Parteien von der NPD nicht alles anhören wollen, „was einem über die Hutschnur geht.“ MICHAEL BARTSCH