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Archiv-Artikel

Großer Lauschangriff schrumpft

Kabinett beschließt neuen Entwurf, der das Abhören wieder schwieriger macht: Überwachen von Privaträumen soll nur noch unter strengsten Auflagen möglich sein

BONN/BERLIN dpa ■ Der Große Lauschangriff ist nach dem Willen der Bundesregierung künftig nur noch unter äußerst strengen Voraussetzungen zulässig. Privatgespräche unter Vertrauten sollen gegen Abhörmaßnahmen absolut geschützt sein. Das Kabinett beschloss gestern einen Entwurf, der die rigiden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzt. „Der Aufwand für die Strafverfolgungsbehörden wird deutlich größer werden“, sagte Justizministerin Brigitte Zypries.

Das Abhören geschützter Berufsgruppen wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Journalisten bleibt nach dem Entwurf auch in Zukunft verboten. Der Deutsche Anwaltverein reagierte darauf mit Genugtuung, weil der Schutz der Vertraulichkeit für die Anwaltschaft elementar sei.

Zentraler Punkt des Entwurfs ist der Schutz des „Kernbereichs privater Lebensgestaltung“, den die Karlsruher Richter gefordert hatten. Danach müssen Gespräche in Privatwohnungen in der Regel live mitgehört werden, damit abgeschaltet werden kann, wenn die Unterhaltung höchstpersönliche Angelegenheiten betrifft. Das bisher übliche Aufzeichnen und nachträgliche Abhören soll künftig verboten sein – weshalb beim Anhören von Ausländern ständig ein Dolmetscher anwesend sein muss.

Der Entwurf geht davon aus, dass sich die ohnehin geringe Zahl akustischer Wohnraumüberwachungen – voriges Jahr waren es 36 – wegen des beträchtlichen Zusatzaufwands für die Länder reduzieren wird. Ferner sollen die Abhörmaßnahmen nur bei Straftaten mit mindestens 10-jährigen Höchststrafen angeordnet werden.