US-Druck bei der UNO zeitigt Erfolg

Beim Tauziehen um eine Irakresolution im Weltsicherheitsrat knicken Frankreich, Russland und Deutschland ein. Doch auch im Fall der Verabschiedung des Entwurfs ist die von der Regierung in Washington gewünschte Unterstützung vor Ort zweifelhaft

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Zum dritten Mal seit Ende des Irakkrieges Anfang Mai sind die einstigen erklärten Kriegsgegner Frankreich, Russland, China und Deutschland im UNO-Sicherheitsrat umgefallen und haben sich dem Willen der USA gebeugt. Im Laufe des Dienstags gaben Paris, Moskau, Peking und Berlin ihre beiden zuvor wochenlang für unverzichtbar erklärten Mindesanforderungen an die von der Bush-Administration angestrebte neue Irakresolution auf. Damit ließen sie UNO-Generalsekretär Kofi Annan mit seiner Kritik an den Vorschlägen Washingtons im Regen stehen.

Danach galt als sicher, dass der von den USA zwischenzeitlich eingebrachte vierte Resolutionsentwurf bei der für gestern, 15 Uhr (Ortszeit New York) angesetzten Abstimmung im Sicherheitsrat zumindest die für seine Annahme erforderlichen 9 Jastimmen erhalten würde (bei voraussichtlich bis zu 5 Enthaltungen und 1 Gegenstimme). Selbst US-Diplomaten bezweifelten im Vorfeld der Abstimmung, dass eine mit so knapper Mehrheit verabschiedete Resolution die von der Bush-Administration angestrebte Wirkung haben wird, andere Länder zur Entsendung von Truppen in den Irak sowie zu höheren Finanzleistungen für den Wiederaufbau des Landes zu bewegen.

Zu Beginn der Ratssitzung am Dienstagmorgen hatten die USA ihren dritten Resolutionsentwurf seit Anfang September formell eingebrachte. Der Entwurf sah erneut weder eine zentrale und politisch relevante Rolle der UNO im Irak vor, noch enthielt er einen Zeitpunkt für den Beginn der Übergabe der Macht von den Besatzern an den provisorischen Regierungsrat in Bagdad sowie einen Zeitplan für die Ausarbeitung einer Verfassung und die Durchführung von Wahlen. Daraufhin trat Annan vor die Presse und kritisierte den Entwurf als völlig unzureichend. Annan warnte, Widerstand und Gewalt im Irak würden „so lange anhalten, wie es eine Besatzungsmacht im Irak gibt“.

Doch kurz darauf präsentierten Frankreich, Russland und Deutschland nach einer Telefonkonferenz zwischen den Regierungschefs Chirac, Putin und Schröder einen gemeinsamen Katalog von sechs Änderungswünschen, dem sich China anschloss. In diesem Katalog war die Forderung nach einer zentralen Rolle der UNO im Irak nicht mehr erhalten. Stattdessen erklärten sich Paris, Moskau und Berlin ausdrücklich damit einverstanden, dass „die zivile und militärische Kontrolle der USA und ihrer militärischen Alliierten im Irak“ erst „nach der Vereidigung einer international anerkannten Regierung in Bagdad enden soll“. Dies solle der UNO-Generalsekretär in einem Bericht an den Sicherheitsrat feststellen. Auch ließen Paris, Moskau und Berlin die bisherige Forderung nach konkreten Zeitpunkten und -plänen fallen.

Die Änderungswünsche beschränkten sich auf den Vorschlag, der Sicherheitsrat solle bei der Entwicklung eines Zeitplans für die Ausarbeitung einer Verfassung und für Wahlen eine Rolle spielen – „gemeinsam mit dem Provisorischen Regierungsrat und der US-geführten Koaliton“. Der noch in den letzten beiden Irakresolutionen benutzte Begriff „Besatzer“ tauchte im US-Entwurf und in den Änderungsvorschlägen nicht mehr auf.

Außerdem sollten die USA „in Konsultation mit dem Irakischen Regierungsrat und dem UNO-Generalsekretär einen spezischen Zeitplan entwickeln für die Übergabe der Macht an das irakische Volk und diesen Zeitplan dem Sicherheitsrat vorlegen“. Für den Fall der vollständigen Aufnahme ihrer moderaten Änderungswünsche in den Resolutionsentwurf signalisierten die Regierungen in Paris,Moskau und Berlin der Bush-Administration, sie würden bei der Abstimmung mit Ja votierten. Andernfalls werde man sich enthalten. In der Nacht zu gestern brachten die USA eine leicht revidierte vierte Fassung ihres Resolutionsentwurfs ein, in die nur einige der Änderungswünsche aufgenommen wurden.

In New York wurde für die gestrige Abstimmung damit gerechnet, dass die vetoberechtigten Ratsmitglieder Frankreich, Russland und China den Entwurf durch Stimmenthaltung passieren lassen und dass auch Deutschland sowie möglicherweise Pakistan sich der Stimme enthalten. Eine Neinstimme wurde von Syrien erwartet.