: Pleite-Eichel kreißt
Finanzminister lässt sich vertreten: Union bezichtigt ihn wegen hoher Neuverschuldung als „Architekten des finanziellen Lügengebäudes“
BERLIN dpa ■ Die hohe Neuverschuldung des Bundes setzt Finanzminister Hans Eichel zunehmend unter Druck. Die Union lastete dem SPD-Minister gestern die volle Verantwortung für die „haushaltspolitische Geisterfahrt“ der Bundesregierung an. „Eichel ist der Architekt des finanziellen Lügengebäudes“, sagte CDU-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann in der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde. Der Versuch der Opposition, Eichel in die Debatte zu zitieren, scheiterte an der Koalitionsmehrheit.
Eichels Parlamentarischer Staatssekretär Karl Diller (SPD) räumte massive haushaltspolitische Schwierigkeiten ein. Angesichts einer mittlerweile dreijährigen Stagnation brächen einerseits die Steuereinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden weg, andererseits stiegen die Mittel für die Bundesanstalt für Arbeit immens.
Eichel hat um die 30 Milliarden Euro neue Schulden für 2004 eingeplant und damit bereits das Vorziehen der Steuerreform um ein Jahr größtenteils eingerechnet. Seine veranschlagte Neuverschuldung liegt damit bereits über den Investitionen von rund 24 Milliarden Euro. Dies ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn damit ein gesamtwirtschaftliches Ungleichgewicht abgewehrt werden soll. Einen Zeitungsbericht, wonach für nächstes Jahr ein Bundesdefizit von bis zu 35 Milliarden Euro zu erwarten ist, wies das Bundesfinanzministerium zurück. „Es gibt bislang noch keine belastbaren Zahlen dazu“, hieß es. Es wird erwartet, dass die Bundesregierung in Kürze ihre Wachstumsprognose von 0,75 Prozent in diesem und 2,0 im nächsten Jahr deutlich nach unten korrigieren muss.
Laut Wirtschaftsminister Wolfgang Clement reichen allein die Gesetze zur Reform des Arbeitsmarktes ohne hinreichendes Wachstum nicht aus. „Alle Reformen reichen nicht, wenn wir bei Nullwachstum oder leicht darüber bleiben“, sagte Clement der Süddeutschen Zeitung. Über etliche Jahre sei nicht klar genug gesehen worden, dass ohne Wachstum nichts sei. „Ein Wachstum von eineinhalb Prozent ist das Minimum, um am Arbeitsmarkt Bewegung zu erreichen.“