: Schon unter Pinochet verriestert
betr.: „Regierung rettet die Versicherungen“, taz vom 14. 10. 03
„Steuerpolitik nach der Börsenlage“ zugunsten der Versicherungen – das macht Sinn, wenn der Kern der rot-grünen Reformpolitik auf dem Spiel steht. Denn worum geht es bei der Zerschlagung des Renten- und Krankenversicherungssystems? Es geht darum, der Versicherungswirtschaft möglichst viel von diesem Milliardengeschäft zuzuschieben.
In ihren ersten fünf Jahren hat die Regierung hierin beachtliche Erfolge erzielt – erinnern wir uns, dass eine den Grünen nahe stehende, in Düsseldorf ansässige Versicherungsagentur im Schlepptau der Rentenreform die Börsenfähigkeit erlangt hat. Aber um diesen Erfolgskurs fortzusetzen, ist es nötig, noch einige Jahre die Illusion aufrechtzuerhalten, als könne eine kapitalgestützte Versicherung durch geschickte Finanzjongliererei aus dem Nichts Reichtümer zaubern. Und dafür muss notfalls der bankrotte Staat mit Steuergeschenken helfen, Spekulationsverluste wegzurechnen.
Auf Dauer kann das die Bilanzen der Versicherer natürlich nicht retten. Spätestens wenn die Versicherungen gezwungen sind, in großem Stil Wertpapiere zu verkaufen, um die Renten zahlen zu können, werden einige Anbieter Pleite gehen. (In Chile, wo das Rentensystem schon unter Pinochet verriestert worden ist, gehört das, wie man hört, schon zum Alltag.) Aber bis dahin sind die Fondsmanager auf den Bahamas, die Politiker im verdienten Ruhestand; die einzigen, die in die Röhre gucken, sind die Rentner. GERHARD PAULI, Düsseldorf