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Archiv-Artikel

Der glücklicke Pedell

Hans-Olaf Meincke ist seit 30 Jahre Hausmeister an der Bremer Uni – und ihr Chemikalienexperte

taz ■ 1973, als die Uni Bremen nur ein Haus auf einem leeren Feld war, hat er hier schon gearbeitet: Hans-Olaf Meincke, Leiter der Betriebstechnik in den Gebäuden der Naturwissenschaftler. Seit dreißig Jahren sieht er auf dem Campus nach dem Rechten und keinen Grund, in Rente zu gehen. „Hausmeister“ antwortet er manchmal, wenn Leute ihn fragen, was er denn so beruflich macht. Aber eigentlich stimmt das überhaupt nicht. Meincke ist Betriebstechniker. Und viel glücklicher, als man das von den meisten Hausmeistern so denkt.

taz: Herr Meincke, Sie kennen den Campus seit 30 Jahren. Wie wär‘s denn mit einem Tipp für die Erstsemester: Wo ist der schönste Ort an der Bremer Uni?

Hans-Olaf Meincke: Tja, so viele schöne Stellen hat die Uni ja nicht – hier wird ja der letzte Fleck vollgebaut. Die Glashalle finde ich zum Beispiel potthässlich. Aber der Bereich um den Unisee herum, der ist schön. Wenn da im Sommer das Gras etwas höher steht... Ja, und hier im NW2-Gebäude, da gibt es einen offenen Innenhof, der ist wunderschön begrünt. Dort liegen im Sommer viele Studenten und entspannen.

Freuen Sie sich nach dem langen vorlesungsfreien Sommer auf den Trubel des neuen Semesters?

Ach wissen Sie, für uns waren ja auch die Semesterferien nicht wirklich ruhig. In den Ferien machen wir die ganzen Sicherheitsüberprüfungen hier in den Laboren. Wir kontrollieren die Lüftungsanlagen, überprüfen die Notduschen für Verätzungsfälle und inspizieren die Erste-Hilfe-Räume. Wenn die Studenten zum Vorlesungsbeginn dann strömen, gehen wir eigentlich wieder zur Routine über.

Wie ist der Kontakt zu den Studenten?

Ausgesprochen nett. Hier bei den Naturwissenschaftlern arbeiten wir ja eng mit den Studenten zusammen, vor allem, wenn sie dann ihre Diplomarbeit schreiben. Wir helfen beim Versuchsaufbau und betreuen die Langzeitversuche mit. Wenn einer der Studenten bei mir in der Tür steht, ist der erste Satz fast immer: „Ich hab‘ da ein Problem“. Und ich sag‘ dann immer: „Hoffentlich nicht mehr lange“.

Gibt es denn keinen Ärger, wie man ihn aus der Schulzeit kennt, zwischen Schülern und dem Hausmeister? Gar keinen Vandalismus?

Nein, eigentlich nicht. Nur mal Schmierereien an den Klotüren oder auf den neuen Tischen der Hörsäle. Aber das ist Routine, dafür haben wir hier unsere Chemikalien. Und schlimme Fälle von Vandalismus gibt es in unseren Gebäuden nicht, keine kaputten Möbel oder Graffitti an den Wänden. Die Studenten sind in ihren Laboren, ruhig und gesittet.

Aber was machen Sie denn dann so im Semester, wenn Sie sich gar nicht mit den Studenten streiten?

Die ganzen Wartungsarbeiten gehen ja weiter. Wir bauen um, wir prüfen die Sicherheit und wir reparieren alle Schäden. Ich sag‘ immer: Wenn keiner spürt, dass es uns gibt, dann haben wir alles richtig gemacht.

Das klingt ja alles sehr idyllisch. Sie mögen Ihre Arbeit.

Ja, mein Herz schlägt für die Betriebstechnik. Früher bin ich zur See gefahren, aber jetzt bin ich an der Uni sehr glücklich. Ich möchte den Menschen, die meine Dienste brauchen, das Gefühl geben: Hier seid ihr richtig. Dass haben ja viele an der Uni immer noch nicht verstanden: Dienstleistung heißt zu Diensten sein und etwas leisten. Viele Leute hier denken doch nur an sich, ganz egal ob Putzfrau oder Professor. Ich krieg‘ immer einen richtigen Wutanfall, wenn ich sehe, wie einige Leute ihre Arbeit machen. Da geben wir dauernd irgendwelche Hochglanzbroschüren heraus, klopfen uns fünf Mal auf die Schulter, wie toll unsere Uni ist – und tatsächlich liegt so einiges im Argen.

Sie sind jetzt 61 Jahre alt und arbeiten seit 30 Jahren auf dem Bremer Campus. Zeit für die Frührente?

Nein, ich arbeite auf jeden Fall, bis ich 65 bin. Eigentlich wollte ich ja damals nur zwei Jahre bleiben, aber jetzt ist es eben mehr geworden. Ich habe den Ausbau der Uni erlebt und zwei meiner Töchter durchs Studium begleitet, die dritte kommt wohl auch noch demnächst.

Beide Naturwissenschaftlerinnen?

Nein, da waren mein Beispiel und meine Erzählungen von der Uni wohl doch zu abschreckend. Die zwei haben Sozialwissenschaften und Lehramt studiert.

Und besuchen die Sie ab und zu?

Ja, die schauen hier öfter mal rein und dann laden sie mich in die Mensa ein.

Fragen: Dorothea Siegle