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Archiv-Artikel

Frieden ausatmen

Gorbi, Lech Walesa und Michael Douglas: Die Stars sind da, um die „World Awards“ zu verleihen. Hamburg ist doch eine Weltstadt

Die Frage, wie viel Heurigen die Jury getrunken hat, ist noch nicht geklärt

von PETER AHRENS

Die Luft hängt voller Frieden. Und alte Männer atmen ihn aus. Lech Walesa, grau an Haar und Schnäuzer geworden, Bee Gee Robin Gibb, längst mit Halbglatze, Franz Vranitzky, wer war das noch gleich? Und natürlich über allen, selbst über Moderator Reinhold Beckmann, der Mann, „auf dessen Lebensleistung die Überwindung der Teilung der Welt und die Deutsche Einheit zurückzuführen ist“, wie Bürgermeister Ole von Beust sagt. Michail Gorbatschow ist mittlerweile längst ein Konferenz-Profi, aber die World Peace Conference und die Verleihung der „World Awards“ in diesem Jahr in Hamburg sei für ihn noch etwas Besonderes. Schließlich ist er Schirmherr dieser Veranstaltung, die gestern begann und heute mit der Preisverleihung in der Musikhalle gekrönt wird.

Hamburg und sein Bürgermeister sonnen sich dieser Tage im Glanze berühmter Namen: Michael Douglas, Placido Domingo, Hans-Dietrich Genscher, die Pet Shop Boys, Christopher Reeve. Auf den Fluren des Rathauses wird gewispert, eventuell komme gar als Überraschungsgast Arnie Schwarzenegger aus Kalifornien, im Promi-Zentralorgan Gala sei so etwas angedeutet worden. Und sie alle sind nach Hamburg geeilt, weil hier die „Männer geehrt werden sollen, die die Welt zum Besseren verändert haben“. Das nämlich soll der Sinn der „World Awards“ sein, die 2000 unter Gorbatschows Schirmherrschaft in Wien von dem österreichischen PR-Manager Georg Kindel ins Leben gerufen wurden und in diesem Jahr erstmals in einer anderen Stadt verliehen werden.

Also ein Blick auf die Preisträger: Kofi Annan, na gut. Ach, nee, das ist ja gar nicht der UNO-Generalsekretär, der dort vorn auf dem Podium zwischen Gorbatschow und Walesa sitzt, das ist Morgan Freeman, der US-Schauspieler, der als Künstler des Jahres ausgezeichnet wird. Was Freeman ausgerechnet in diesem Jahr Außergewöhnliches vollbracht hat, bleibt unklar. Genauso, warum Domingo oder Douglas 2003 die Preise erhalten. Es passte beiden wohl in ihren Terminkalender.

Siemens-Chef von Pierer, der noch in der Vorwoche versuchte, die Welt zum Besseren zu verändern, indem er die Wiedereinführung der Sechs-Tage-Woche für alle Arbeitnehmer in Deutschland verlangt hatte, bekommt den Preis für seine „unternehmerische Vision“. Das zurzeit nicht aktive Magier-Duo Siegfried und Roy wird geehrt, ebenso der Mann, der früher Cat Stevens hieß und sich nun Yusuf Islam nennt und von Rundfunkstationen seit Jahren boykottiert wird, weil der Sänger das Todesurteil der iranischen Ayatollahs gegen Salman Rushdie unterstützt hatte. Er erhält den Social Award. Jan Ullrich, schon mal wegen Dopings gesperrt, bekommt den sportlichen Fairness-Preis.

Die Frage, wie viel Heurigen die Jury getrunken hat, bevor sie ihre Entscheidungen fällte, ist nicht geklärt.