: Null Milchmädchen-Gutscheine
Im Kita-Etat klafft weiteres Loch von zwölf Millionen Euro. Altonaer Elterninitiative unterstützt Kita-Volksentscheid und rang der SPD-Spitze Zugeständnisse ab
Nach neun Monaten sind bereits 84 Prozent des Kita-Etats 2003 ausgegeben: 227 von 271 Millionen Euro. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage des SPD-Haushaltsexperten Werner Dobritz hervor. „Das heißt, es gibt gar keine Gutscheine mehr in diesem Jahr“, erklärt der SPD-Kita-Experte Thomas Böwer. Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) fehlten zusätzlich zu den per Nachschlag gewährten 19 Millionen weitere zwölf Millionen, um übers Jahr zu kommen.
„Das ist eine Milchmädchenrechnung. Ich gehe davon aus, dass der Haushalt reicht“, hält Behördenssprecher Alexander Luckow dagegen. Das Gutscheinsystem sei so „differenziert“, dass nicht jeden Monat die gleiche Summe abfließe. Auch fände gerade ein neuer Wartelistensuchlauf für neue Gutscheine statt, dessen Ergebnis nächste Woche bekannt würde.
Das würde aber auch Zeit, denn seit August stehen 2.700 berufstätige Eltern auf der Warteliste. Seit Anfang Oktober gab es mit Ausnahme des Vierstunden-Rechtsanspruchs selbst für dringliche soziale Fälle keine Scheine mehr. Die SPD geht davon aus, dass hier Mittel gestreckt werden.
Erfreulichere Aussichten boten sich dagegen gestern Mittag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von SPD und der Initiative „Eltern für eine familiengerechte Betreuung“. Nach zähen Verhandlungen hat das Altonaer Bündnis seine Unterstützung der für November geplanten Kita-Volksinitiative zugesagt. Es handle sich um „keine Liebesheirat“, sondern ein „Zweckbündnis“, weil sich im Kita-Bereich schnell etwas bewegen müsse, erklärte der Vater Tobias Buck.
Die Elterninitiative lehnt im Prinzip ein Gutscheinsystem, das Kinder nach Kriterien sortiert, ab. In einer Absichtserklärung machten SPD-Landeschef Olaf Scholz, SPD-Fraktionschef Walter Zuckerer und Thomas Böwer nun Zugeständnisse, die die aktiven Eltern zum Umschwenken bewegten. So sollen beispielsweise Kinder nicht gezwungen sein, eine Kita-Gruppe zu verlassen, nur weil die Eltern ihren Job verlieren. Die SPD hatte hier zunächst nur einen Puffer von zwölf Monaten vorgesehen.
Außerdem erhalten Kita-Leitungen das Recht, für bildungsbenachteiligte Kinder eine längere Betreuung zu beantragen. Kinder von Langzeitarbeitslosen und Sozialhilfeempfängern sollen zudem „schnellstmöglich“ mindestens sechs Stunden täglich eine Kita besuchen dürfen, Kinder mit Sprachförderbedarf ab dem dritten Lebensjahr gar „uneingeschränkt“.
Die Kita-Volksinitiative wird bereits von vielen Gruppen unterstützt. Es sei der SPD aber gerade wichtig, jene mit einzubinden, die sich beim Thema „einen Namen gemacht haben“, sagte Landesgeschäftsführer Thies Rabe. Insgesamt, so Böwer, wolle die SPD 50 bis 70 Millionen Euro für die Kita-Reform bis 2006 „zusätzlich bewegen“. Finanziert werden solle dies unter anderem durch das Krippenausbauprogramm des Bundes und eine Einbindung der Hilfen zur Erziehung. KAIJA Kutter