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Archiv-Artikel

Kabinett der Schatten

Nach einer Serie von Pleiten und Pannen stellt CDU-Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen seine „Regierungsmannschaft“ für Schleswig-Holstein vor. Der gehören sogar drei Frauen an und überhaupt nur Menschen, die auch zugesagt haben

Aus Bad BramstedtEsther Geißlinger

Schattenkabinett, zweiter Versuch: Vor rund fünf Wochen stellte Schleswig-Holsteins CDU ein „Kompetenzteam“ vor, mit dem Spitzenkandidat Peter Harry Carstensen im Fall eines Wahlsieges hätte regieren wollen. Doch das schon am Tag der öffentlichen Verkündigung nicht vollständige Team bröckelte in den folgenden Wochen auseinander. Nun aber soll alles gut werden: Gestern präsentierte Carstensen in Bad Bramstedt die Truppe, die er gerne auf den Ministersesseln sehen würde.

Der Spitzenkandidat – und bei einem Wahlsieg im Februar 2005 der Ministerpräsident – ist geblieben: Carstensen selbst, und das ist angesichts der Pleiten und Pannen der vergangenen Tage schon eine Erwähnung wert. Bei der Vorstellung der acht SchattenministerInnen gab sich Carstensen wie üblich optimistisch: „Dies ist ein großer Tag für Schleswig-Holstein.“ Die Vorstellung bedeute eine „Zäsur“, einen „Neustart“ im Wahlkampf.

In der „Regierungsmannschaft“ – der geschlechtsneutrale Ausdruck „Kompetenzteam“ muss irgendwie verloren gegangen sein – sitzen drei Frauen. Damit hat „die CDU immerhin die Mindestanforderung an ein Schattenkabinett erfüllt“, höhnte Anke Spoorendonk, Spitzenkandidatin des SSW, der Partei der dänischen Minderheit. Nur eine der Ministerinnen in spe stammt allerdings aus Schleswig-Holstein: Karin Wiedemann, Vorsitzende der Frauenunion des Landes und Vorsitzende Richterin am Landgericht Hamburg.

Sie ist für den Bereich Justiz vorgesehen – ein Ressort, das bei einer möglichen Koalition mit der FDP allerdings vermutlich an die Liberalen abgetreten wird. Doch sei sie „einigermaßen versöhnt, von Peter Harry so freundlich empfangen“ worden zu sein, sagte sie. Ihre Nominierung allein sei kein Punktsieg für die Frauen, „aber das Kabinett finde ich befriedigend“.

Aufgerückt in die erste Riege ist eine Frau, die im ersten „Kompetenzteam“ offenbar als Staatssekretärin vorgesehen war: Hildegard Kramer. Die bisherige kommissarische Leiterin der Oberfinanzdirektion Rostock soll Wirtschaftsministerin werden – der für diesen Posten zunächst vorgesehene Mann, Carl Hermann Schleifer, ist Vorstandsvorsitzender der Holding der Ostseekliniken Damp – und will dort bleiben. Die parteilose Kramer werde die Aufgabe haben, „die Wirtschaft zu bündeln, Kommunen, Behörden und Betriebe zusammenzubringen“, sagte Carstensen.

Die dritte Frau im Bunde, Maria Flachsbarth, soll sich um das klassische Frauenressort „Soziales, Familie, Verbraucherschutz, Frauen“ kümmern – eine Position, die im ersten Team noch gar nicht besetzt war. Flachsbarth wurde aus Niedersachsen importiert, wo sie Vorsitzende im CDU-Kreisverband Hannover-Land ist. Die Tierärztin hat seit 2002 ein Bundestagsmandat und freue sich „sehr auf die Arbeit in Schleswig-Holstein“, sagte sie. Ein echter Fortschritt, spottete im Hinblick auf die Schleifer-Pleite die grüne Spitzenkandidatin, Justizministerin Anne Lütkes: „Es werden nur Leute vorgestellt, die auch zugesagt haben.“

Die weiteren Positionen wurden mit Personal der Landes-CDU besetzt: Dietrich Austermann für Finanzen, Jost de Jager für Schule und Hochschule, und Klaus Schlie, soeben als Wahlkampfmanager zurückgetreten, darf sich im Innenressort versuchen. Landwirtschaft und Umwelt – in dieser Reihenfolge – übernimmt Christian von Boetticher. Der 33-jährige Rechtsanwalt ist Vorsitzender der CDU im Kreis Pinneberg und saß einige Jahre im EU-Parlament. Damit, so meint er, sei er bestens gerüstet für den neuen Job: „Die Landwirtschaftspolitik wird durch Gesetze geprägt, und die kommen aus Brüssel. Dass der Landwirtschaftsminister eine Kuh gemolken hat, ist nicht mehr nötig.“ Im Umweltschutz will er verstärkt auf „ehrenamtliche Menschen“ statt auf Regelungen und Gebote setzen.

Unklar ist noch, wer Wahlkampfmanager werden soll – die Verantwortung will Carstensen selbst tragen. Allerdings kommt noch ein „Koordinator“ hinzu. Der Name wurde nicht genannt, nur so viel: Die Person wird „von außen“ kommen, also nicht aus der Landes-, sondern aus der Bundespolitik. Mit der Unterstützung der Bundespartei war Carstensen denn auch „sehr zufrieden“ – dass Parteichefin Angela Merkel es in letzter Zeit nicht mit ihm war, lässt sich ob der zahlreichen Peinlichkeiten denken. Unter anderem brachte es Carstensen Negativ-Schlagzeilen, dass er an die „großen Zeiten unter Barschel“ anknüpfen und deshalb dessen ehemaligen Sprecher ins Team holen wollte.