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Archiv-Artikel

Christdemokratische Wegbereiter?

Eine Hetzkampagne der Bremer Bild-Zeitung gegen eine libanesische Familie löst Proteste aus. Die Familie spricht von Rufmord – und lässt sich vom Anwalt über rechtliche Schritte beraten. Ausländerbeauftragter: „So etwas habe ich noch nie erlebt“

Von ede
Empörung im Parlament: „Schicken Sie doch gleich Schlägertrupps hin.“

bremen taz ■ Eine Hetzkampagne der Bild-Zeitung löst in Bremen zurzeit Proteste aus. „Hier wohnt Bremens schlimmste Asyl-Familie“, titelte Bild Bremen am Montag. Gestern schob die Redaktion einen zweiten, ebenfalls anonym verfassten Text nach: „Die Asyl-Abzocker“.

„Das ist eine verantwortungslose Berichterstattung, wie ich sie während meiner zwölfjährigen Berufstätigkeit für die Ausländerbeauftragte nicht erlebt habe“, sagt Anselm Dworak. Heute wird er mit der betroffenen Familie, deren Nachbarn und VertreterInnen der Flüchtlingsinitiative vor Ort sprechen. „Zu einem solchen Vorgang muss man sich verhalten“, sagt der stellvertretende Landes-Ausländerbeauftragte. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Hermann Kleen will, dass sich die Innendeputation mit dem Fall und den erhobenen Vorwürfen sachlich befasst.

Laut Bild-Zeitung drangsaliert die aus dem Libanon über die Türkei nach Deutschland eingewanderte Familie die Nachbarschaft. „Sie haben Ärger mit ihren Nachbarn? Seien Sie bloß froh, dass sie nicht in Habenhausen wohnen. Denn dort lebt Bremens schlimmste Asylanten-Familie“, hatte Bild getextet. Deren Kinder würden Anwohner drangsalieren und Autos mit Steinen bewerfen. Auch lockten im Garten verstreute gelbe Säcke Ratten an. Eine Darstellung, der nicht nur manche Nachbarn widersprechen werden. Erst im Juli hatte die taz die Familie besucht – und reguläre Verhältnisse vorgefunden.

Mit einer sachlichen Analyse der Vorwürfe im Innenausschuss allein ist es aber vielleicht nicht getan. „Ich befürchte, die Anfeindungen könnten die Folge einer parlamentarischen Anfrage der CDU sein“, sagt SPD-Mann Kleen. So habe der CDU-Abgeordnete Rolf Herderhorst in der letzten Bürgerschaftssitzung öffentlich Auskunft über die finanziellen Verhältnisse offenbar dieser Familie gefordert, „mit Andeutungen, die der Nährboden für solche Berichte sein könnten.“ Kleen erinnert sich an eine tendenziöse Parlamentsdebatte, die schließlich im empörten Zwischenruf der Grünen Fraktionschefin Karoline Linnert gegipfelt sei: „Schicken Sie doch gleich Schlägertrupps hin.“

Die Familie erwägt unterdessen, einen Anwalt einzuschalten. Viele der Bild-Behauptungen seien falsch. Von „Rufmord“ spricht ein Sohn der Familie, der vom Autohandel lebt. Die verschiedenen Modelle, mit denen er bei den kranken Eltern vorfuhr, waren Anlass zu weiterer Bild-Häme gegen die vermeintlichen Asylbetrüger. Er ist einer von mehreren beruftstätigen Söhnen – die sich überwiegend gut integriert haben. „Sonst könnte ein anderer Sohn wohl kaum als Kaufhausdetektiv arbeiten“, sagt eine Sprecherin der Flüchtlingsinitiative. ede