Forschen gegen das „unproduktive Dasein“ im Alter

Eröffnung des „Jacobs Center for Lifelong Learning“: Die IUB feiert einen Gönner, ein neues interdisziplinäres Elite-Institut – und natürlich sich selbst

Bremen taz ■ Ganz Bremen gab sich die Ehre in Grohn: Senatoren und Fraktionschefs waren da, Edel-Akademiker, der Polizeipräsident, sogar der Werder-Vorstand. Dunkle Limousinen parkten auf dem Campus der International University of Bremen (IUB), dunkles Tuch war gefragt, Wirtschaftsminister Wolfgang Clement debattierte vor dem erlauchten Zirkel mit DGB-Chef Sommer – nur Studenten waren kaum zu erspähen. Wahrscheinlich arbeiteten sie irgendwo emsig. Gestern war Feiertag an der Privatuni: Das „Jacobs (sprich: Tscheikobs) Center for Lifelong Learning and Institutional Development“, für dessen Gründung der Schweizer Kaffee- und Schoko-Magnat Klaus J. Jacobs bereits im November 2001 zehn Millionen Franken gespendet hat, wurde feierlich eröffnet.

Die selbständige IUB-Einheit soll sich künftig – so die Grohner PR-Prosa – „in Forschung, Lehre und Consulting mit der lebenslangen Entwicklung und Bildung des Menschen“ befassen, sich dem „institutionellen Wandel in einer demographisch veränderten Welt“ widmen sowie nach einer „gelungenen Lebensgestaltung“ fahnden, „die Arbeit, Familie und persönliche Entwicklung synergetisch verbindet“.

Chefin des neuen, interdisziplinär angelegten Forschungszentrums ist die Entwicklungspsychologin Ursula M. Staudinger (Foto). Vor dem Hintergrund, dass im Jahr 2050 fast 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland über 60 Jahre alt sein wird, bedürfe es eines „fundamentalen Umgestaltens individueller Lebensläufe“, sagte sie in ihrer Antrittsrede. Es müsse sich das Verständnis durchsetzen, dass sich „Bildung im Alter und Bildung für das Alter individuell und volkswirtschaftlich“ lohne. Konzepte wie einmaliger Kompetenzerwerb oder berufliche Planungssicherheit gehörten der Vergangenheit an. Mit ihren Mitarbeitern will sie herausfinden, „unter welchen individuellen und gesellschaftlichen Bedingungen sich unsere gewonnenen Jahre optimieren lassen“.

Eine „Emotionsforscherin“ hat Staudinger schon für ihr Zentrum gewonnen, sechs weitere Professoren müssen noch „rekrutiert“ werden, 2005 soll der Lehrbetrieb aufgenommen werden. „Dann“, so Staudinger, „gehen wir auf den Bildungsmarkt“. Mit dem „Jacobs Center“ will sie neueste wissenschaftliche Erkenntnisse „via Wissenstransfer und Consulting in Wirtschaft und Politik hineintragen“. Integriert sein sollen nicht nur Fächer wie Soziologie, Kommunikationswissenschaft oder Pädagogik, sondern auch die Bewegungsforschung: „Es gibt eine Wechselwirkung zwischen körperlicher Fitness und der kognitiv-emotionalen Leistungsfähigkeit“, dozierte die Professorin – selbst rank, schlank und fit.

Gönner Klaus J. Jacobs, der sich mit seiner gemeinnützigen Stiftung sonst vor allem der Förderung von Jugendlichen verschrieben hat, ist von der Idee des lebenslangen Lernens begeistert: „Lifelong Learning“ sei „der Weg zur Menschenwürde und zum Wohlstand“, sagt der Unternehmer. Wer das schon als Jugendlicher begreife, der sei „auf die Schicksalsschläge und Wechselfälle des Lebens vorbereitet“. Vom „Jacobs Center“ verspricht er sich „Beiträge gegen die dramatische Arbeitslosigkeit in diesem Land und gegen das erschütternde Dahindämmern alter Menschen“. Es dürfe nicht sein, dass wir „bei einer Lebenserwartung von annähernd 90 Jahren während der letzten 30 Jahre ein unproduktives Dasein fristen“. Es könne „nicht angehen, dass wir zehn Jahre in Altersheimen verbringen“, so der alerte 66-Jährige.

Markus Jox