: Handykarten außer Kontrolle
Gericht stoppt Pflicht der Mobilfunkbetreiber, Prepaid-Kunden zu registrieren. Um Verbrechern auf die Spur zu kommen, will Bundesregierung nun gesetzlichen Zwang
FREIBURG taz ■ Mobilfunkbetreiber müssen die Käufer von Prepaid-Karten nicht registrieren. Dies entschied jetzt das Bundesverwaltungsgericht auf Klage von Vodafone. Doch die Bundesregierung will das nicht akzeptieren, sie plant bereits eine gesetzliche Regelung.
Prepaid-Karten gelten als das schwarze Loch bei der Telefonüberwachung. Bei Profi-Kriminellen ist es üblich, mehrere Handys mit dutzenden von Karten zu benutzen. Deshalb hat die Telekom-Regulierungsbehörde alle Mobilfunkbetreiber verpflichtet, die Daten ihrer Prepaid-Kunden festzuhalten.
Die Betreiber müssen seither Rufnummer, Name und Anschrift erfragen und mit Ausweispapieren abgleichen. Diese Daten werden dann online für die Sicherheitsbehörden bereitgehalten, damit diese wissen, welche Person derzeit mit welchen Handys telefoniert.
Über diese Pflicht waren die Mobilfunkbetreiber gar nicht glücklich. Schließlich versuchten sie Ende der 90er-Jahre gerade das Prepaid-Konzept am Markt zu etablieren, um Wenig-Telefonierer ans Handy zu gewöhnen. „Wer kauft schon einen neuen Schokoriegel, wenn er erst seine Daten registrieren lassen muss“, war ihr Argument. Außerdem wollten sie auch verstärkt Vertriebswege wie Tankstellen und Kioske nutzen, die die Registrierung der Handykarten nicht zuverlässig sicherstellen können.
Juristisch argumentierten sie damit, dass das Telekommunikationsgesetz (TKG) nur dazu verpflichte, die Daten zur Verfügung zu stellen, die ohnehin erhoben werden. Das sind vor allem Daten der Kunden, die einen langfristigen Handyvertrag abschließen. Denn hier tritt der Betreiber in Vorleistung und räumt dem Kunden quasi einen Kredit ein. Dagegen wird die Leistung bei der Prepaid-Karte vorab vom Kunden bezahlt. Die Speicherung erfolgt hier nur im Interesse der Polizei.
Die Vorinstanzen entschieden uneinheitlich, beim Bundesverwaltungsgericht obsiegte nun wieder Vodafone. Eine Pflicht zur Erhebung von Daten, an denen die Betreiber gar nicht interessiert sind, lasse sich dem TKG „nicht mit der gebotenen Deutlichkeit“ entnehmen, so die Richter.
Das will die Bundesregierung ändern. Das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit hat schon im April dieses Jahres einen Referentenentwurf für eine TKG-Novelle vorgelegt, in der genau diese Unklarheit beseitigt und eine klare Pflicht zur Registrierung verankert wird.
Protestiert haben inzwischen die Konferenz der Datenschutzbeauftragten, aber auch der Branchenverband Bitkom. Hier würden Daten „auf Vorrat“ gespeichert, was mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar sei. Die Speicherungspflicht sei auch unnötig, weil Gangster immer noch auf ausländische Prepaid-Karten ausweichen können. Vodafone könnte nun zwar ab sofort Prepaid-Karten ohne Registrierung verkaufen – jedenfalls bis zur Verabschiedung einer gesetzlichen Regelung –, das Interesse daran ist aber offziell nicht sehr groß.
„Wir sind derzeit vor allem an einer längerfristigen Kundenbindung interessiert“, so ein Sprecher des D2-Anbieters.
CHRISTIAN RATH