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Archiv-Artikel

RUMSFELDS RÜCKZIEHER BEI DEN KRIEGSLÜGEN WIRD BUSH NICHT SCHADEN Obsession als Führungsstärke

Es ist ein peinliches Schauspiel: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der noch im November 2002 gesagt hatte, es stehe „außer Frage“, dass die irakische Regierung Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida unterhalten habe, sagte jetzt, es gebe dafür „keine harten Beweise“ – und schob die Schuld erneut dem mittlerweile zurückgetretenen damaligen CIA-Chef George Tenet in die Schuhe, auf dessen Berichten die Informationen beruht hätten. Was Tenet dazu zu sagen hatte, hatte er schon bei seiner Rede im Februar an der Georgetown University klar gemacht: Die CIA habe immer nur berichtet, was ihr für Hinweise vorlägen – die Interpretation habe dann die Regierung geleistet.

In den US-Medien wird längst nicht mehr die Frage diskutiert, ob irgendeiner der damaligen Kriegsgründe real war. In den Kommentaren geht es inzwischen nur noch darum, ob die US-Regierung die Öffentlichkeit bewusst falsch informierte oder tatsächlich nur falsch, aber gutgläubig Geheimdienstberichte interpretierte. Die New York Times kommt zu dem Schluss: „Je mehr wir darüber erfahren, wie Mr. Bush den Weg zum Krieg ebnete, desto klarer wird, dass er, wenn er wirklich nicht wusste, dass er Falschinformationen in die Welt setzte, so ziemlich der Einzige in seinen Kreisen war, der das nicht begriffen hatte.“

Begriffen hat Bush hingegen, dass er den Kampf um die vorgeschobenen Kriegsgründe nicht mehr gewinnen kann. Umso mehr porträtiert er sich selbst als Überzeugungstäter, der es einfach richtig fand, die Regierung Saddam Husseins zu stürzen. Das war, und das wussten auch alle, die es wissen wollten, schon damals seine Position – nur hätte sie einen so klaren Bruch mit dem Völkerrecht bedeutet, dass sie öffentlich nicht vermittelbar war, schon gar nicht gegenüber den Vereinten Nationen. Aber wenn Bush heute redet, spricht er nicht zur Welt, sondern zum US-amerikanischen Wahlvolk. Und damit das in den täglichen Nachrichten aus dem Irak noch irgendeinen Sinn erkennen kann, ja womöglich die damalige Irak-Obsession der Bushies für Führungsstärke hält, ist die Message vom erfolgreichen Regimesturz die einzig verbleibende. Das Deprimierende ist: Er könnte damit durchkommen. BERND PICKERT