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Archiv-Artikel

berliner szenen Wer jetzt kein Bier hat …

Kuscheln mit Arab Strap

Ausgehen im Winter erfordert logistische Vorarbeiten. Man muß eine Tasche mitführen, die klein genug ist, um nicht lästig zu werden und groß genug, um alles, was man fünfmal pro Winter verliert – Handschuh, Schal, Mütze, Fahrradlicht – sicher zumindest über diesen Abend zu bringen. Außerdem sollte man sich zwiebelig anziehen, damit ausreichend Möglichkeiten zur Feinjustierung bestehen. Vor Ort wird man nämlich oft mit einer überraschenden Situation konfrontiert – wie etwa bei Arab Strap am Samstagabend.

Man erwartete, sich als Einzige durch den Novemberschmodder zum Knaack gekämpft zu haben und mit höchstens 30 anderen Gästen in einem zugigen Club zu stehen. Also möglichst viele Kleiderschichten übereinander zwiebeln. Und dann passt man kaum durch die Eingangstür – so voll ist es. Noch enger wird es, weil die Menschen ihre Kleiderberge unter den Arm geklemmt haben. Eine Garderobe gibt es nicht. Anders als in einem Club, in den man zum Tanzen geht, wollen die Zuschauer dieser melancholischen, den Soundtrack zur Jahreszeit liefernden schottischen Band einfach schwelgen.

Man sollte meinen, dass zur herbstlichen Meditation mit Arab Strap auch große Mengen Alkohol gehören. Erstaunlicherweise drängt aber kaum jemand zur Bar. Die Menschenmasse ist total statisch, Bewegung wird, wenn nur irgend möglich, vermieden. Nicht mal aufs Klo müssen die Gäste – kein Wunder, es will ja auch keiner trinken. Wer doch mal durch muss, fragt wohlerzogen, ob es recht ist, wenn er sich hier mal ganz eng vorbeischiebt. Es wird höflich gelächelt und mit konstruktiven Vorschlägen gearbeitet: „Wenn du deine Tasche hier hin stellt, dann haben wir alle ein bisschen mehr Platz.“ STEPHANIE GRIMM