: Gefährliche Liebschaften
Ben Affleck und Jennifer Lopez sind heute das mit Abstand lächerlichste Prominentenpaar Amerikas. Weil sie einen gemeinsamen Film namens „Gigli“ gedreht haben. Furchtbar. Warum funktionieren Filme mit berühmten Schauspielerpaaren nicht?
von ANDREAS BUSCHE
Am besten brachte es wieder mal David Letterman auf den Punkt: „Ich wollte mir gestern Gigli, den neuen J.Lo-Film, im Kino ankucken“, sagte der König des TV-Late-Nite-Formats in seiner „Late Show“. „Ich hab’s nicht bis zum Ende ausgehalten, und als ich zu Hause ankam, lief der Film auch schon im Kabel.“
Das war im Sommer. Und nur einer von etwa einer Million Witzen, die allein Letterman über „Gigli“ machte. Seither herrscht in Hollywood eine eiserne Regel: Keine Filme mehr mit Celebrity-Paaren. Da haben die Hollywood-Kassenwarte von nun an ein Auge drauf. Das Jennifer-Lopez/Ben-Affleck-Vehikel „Gigli“ (sprich: „Schielie“), das am Donnerstag unter dem Titel „Liebe ohne Risiko“ in den deutschen Kinos startet, war im vergangenen Sommer in den USA neben der Gouverneurskandidatur von Arnold Schwarzenegger das populäre Gesprächsthema. Brutale Medienpräsenz der beiden Hauptdarsteller, vernichtende Kritiken und als Folge ein katstrophales Einspielergebnis haben „Benniffer“, wie das Hollywood-Paar offiziell nur noch heißt, zur Lachnummer des Jahres gemacht.
In Chicago war der Film nach einer Woche wieder aus den Kinos verschwunden, ein Kino in Denver senkte den Ticketpreis nach kurzer Laufzeit auf 1 Dollar, und ein Bostoner Radiosender verloste T-Shirts mit dem Aufdruck „I survived „Gigli“ unter allen Hörern, die sich das Werk bis zum Ende gegeben hatten.
Kurzzeitig hatten die Produzenten von „Jersey Girl“, dem nächsten gemeinsamen Projekt, sogar erwogen, J.Los Part zum Wohl des Films herunterzukürzen – dabei spielt sie eh schon in einer Nebenrolle. Kurz: Es hat gerade seine Vorteile, nicht in der Haut von Jennifer Lopez oder Ben Affleck zu stecken.
Noch vor wenigen Monaten allerdings gab es Millionen von Amerikanern, die sich das überhaupt nicht hätten vorstellen können. Die Amerikaner pflegen ja ein fast masochistisches Verhältnis zu ihren Celebrities. Steckt der Lieblingsstar in einer persönliches Krise, liegt die Nation kollektiv auf der Couch. Verletzt er sich am Martiniglas, geht ein stiller Aufschrei durchs Land. Wird er mit harten Drogen erwischt, wird Kolumbien der Krieg erklärt. Ein ganzer Branchenzweig ernährt sich davon.
Für Jill Spiegel – „Flirtologin“, Beziehungstherapeutin und Autorin des Buchs „Flirting for Success“ – sind Hollywoodstars „nicht nur Helden unserer Popkultur, sondern unserer eigenen, persönlichen Leben“. Das gilt umso mehr für Celebrity-Couples. In Amerika an der Supermarktkasse zu stehen ist ungefähr so, wie ein fremdes Klo zu benutzen. Überall liegen interessante bunte Magazine rum, die einem die Wartezeit mehr oder weniger angenehm verkürzen. People, Star, Glamour oder US Weekly heißen die, und in ihnen erfährt man, wie es so zugeht bei den Schönen und Reichen aus Hollywood. Hat Renée Zellweger nun? Die Nase? Oder vielleicht doch nicht? Mehr auf Seite 29.
Was passiert, wenn sich die prominente Beziehungskiste auf der Kinoleinwand fortsetzt, zeigt „Gigli“. J.Lo und Affleck sind heute ohne Übertreibung das lächerlichste Promipaar Amerikas. Wie konnten sie so tief fallen? „In unserer Medienmaschinerie sieht man heute Hollywood-Paare, wohin man auch kuckt“, sagt Brandon Gray von der Fachpublikation BoxOfficeMojo.Com, „wer will da schon Geld ausgeben, um sie auch noch im Kino zu sehen?“
Hollywood-Ehepaare waren Filmproduzenten schon zu Zeiten von Kenneth Angers Gossip-Bibel „Hollywood Babylon“ ein Dorn im Auge. Aber in den 60ern war Tratsch wenigstens noch das Hobby einiger Spinner. Heute kümmert sich ein ganzer Industriezweig um die Produktion von Celebrity-News. „Wenn Hollywood-Paare sich nach Jahren trennen“, sagt Anthony Mora, Inhaber einer großen PR-Firma in Los Angeles, „hinterlässt das tatsächlich Spuren in der amerikanischen Psyche.“
Aber Gnade ihnen Gott, wenn sie sich erst dazu entschließen, einen gemeinsamen Film zu drehen. Hollywood-Paare gelten am Set als schwierig, sie bringen den Ärger über die zerdrückte Zahnpastatube und Klatschreporter mit an den Drehort und außerdem gelten ihre Filme als Kassengift. Oder kann sich hier jemand noch an einen guten von der Sorte erinnern?
Aber was will man machen, wenn sie sich erst am Drehort dazu entschließen, sich zu paaren? Dagegen ist jeder Studioboss machtlos. J.Lo und Ben haben sich beim Dreh von „Gigli“ kennen gelernt, Meg Ryan und Russell Crowe, Tom Cruise und Nicole Kidman auch.
Okay, Guy Ritchies und Madonnas Liebesprodukt „Stürmische Liebe“ hätte verhindert werden können, ja müssen. Aber sonst? Und damit ist noch lange nicht die berechtigte Frage beantwortet, warum diese Filme eigentlich alle nichts taugen.
Man kann das Ganze auch von der sportlichen Seite aus betrachten. In einer solchen Konkurrenzsituation wird der gesunde Ehrgeiz eines jeden Schauspielerpaares geweckt, es besser zu machen als die anderen. Elizabeth Taylor und Richard Burton haben es achtmal (!) miteinander versucht: Ein Film war schlimmer als der andere. Auch Tom Cruise und Nicole Kidman mühten sich zweimal vergeblich, bevor Stanley Kubrick sie für „Eyes Wide Shut“ vor die Kamera holte.
Der Film ist ausnahmsweise gut, aber legendär wurden nur die Geschichten von diesem Dreh. Von echten Sexszenen ist damals in den Klatschspalten gemunkelt worden – vor dem Hintergrund, dass Kubrick erwähnt hatte, er würde gerne mal einen Pornofilm drehen.
Das ist möglicherweise die neue und größte Herausforderung. Denn noch grausamer als es Affleck und Lopez traf, wäre es, wie Paul Newman und Joanne Woodward zu enden. Die lächeln einem heute in jedem Supermarkt entgegen. Von Karoffelchipstüten und Küchenrollenverpackungen.