: Anklage gegen Islamisten wackelt
Im zweiten Hamburger Terrorprozess belegen Geständnisse aus den USA, dass die Anschläge vom 11. September bereits 1996 in Afghanistan vorbereitet wurden
HAMBURG dpa ■ Im zweiten Hamburger Terrorprozess um die Anschläge vom 11. September 2001 geraten die Ankläger in Beweisnot. Nach den jetzt im Spiegel veröffentlichten Aussagen der beiden Schlüsselfiguren – Chalid Scheich Mohammed und Ramsi Binalshibh – gegenüber US-Vernehmern wurde die Tat schon 1996 in Afghanistan vorbereitet. Die Bundesanwaltschaft baut ihre Anklage gegen den mutmaßlichen Hamburger Terrorhelfer Mzoudi aber darauf auf, dass die Gruppe um Mohammed Atta die Attentatspläne gegen im Frühjahr 1999 in Hamburg schmiedete.
Die Verteidigung von Mzoudi forderte gestern Freispruch für ihren Mandanten. „Bei jedem normalen Schwurgerichtsprozess müsste der Angeklagte bei so einer Beweislage freigesprochen werden“, sagte Anwältin Gül Pinar. An der Entlastung Mzoudis durch den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, und an den im Spiegel veröffentlichen Vernehmungsprotokollen aus den USA komme das Gericht nicht mehr vorbei.
„Dass die Wahrheit in so einem wichtigen Prozess nur durch Zufall ans Licht kommt, ist mehr als erschreckend“, meinte Pinar. Damit sei „die Zeitschiene der Anklage zusammengebrochen“. Mzoudi, aber auch der bereits in Hamburg verurteilte Mounir al-Motassadeq „konnten gar nicht in die Terrorvorbereitungen eingebunden gewesen sein“. Jetzt sei öffentlich, dass auch Todespilot Mohammed Atta erst Ende 1999 in Afghanistan von den Plänen erfahren habe, sagte Pinar.
Im Prozess gegen Mzoudi hatte Fromm am Freitag für Überraschung gesorgt, als er der Anklage in einem zentralen Punkt widersprach. Die Anschläge vom 11. September seien nicht in Hamburg geplant worden, sondern von Ussama Bin Ladens Terrororganisation al-Qaida in Afghanistan. Dort seien die Todespiloten um Atta, die Mzoudi unterstützt haben soll, erst Ende 1999 in die Terrorpläne eingeweiht worden.