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Archiv-Artikel

Elternvertreter basteln schon an der nächsten Klage

Auch Eltern drohen dem Senat mit dem Gericht: Sie wollen sich gegen die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren juristisch wehren

Sie werden die Juristen irgendwann nicht mehr sehen können, die Regierenden von Berlin. Denn nachdem das Landesverfassungsgericht gestern den Berliner Doppelhaushalt für verfassungswidrig erklärte, droht jetzt auch von anderer Seite juristisches Ungemach: Sollte die Erhöhung der Kita-Gebühren wie geplant vom Parlament beschlossen werden, wollen sich mehrere hundert Eltern juristisch wehren. Das jedenfalls kündigte der Landeselternausschuss der Berliner Kindertagesstätten (Leak) an.

„Die Eltern sind inzwischen einfach ziemlich sauer“, sagte der Leak-Vorsitzende Klaus-Dieter Hinkelmann zur taz. „Das, was der Senat hier plant, hat absolut nichts mehr mit den Wahlversprechen zu tun.“ Deshalb will man sich die Erhöhung auch nicht einfach gefallen lassen, von der sich der Senat insgesamt 12,4 Millionen Euro Mehreinnahmen erhofft.

Vorerst verlegt sich der Leak auf zwei Strategien: Einerseits will man die Verabschiedung der Gebührenerhöhung abwarten und sie dann juristisch prüfen. Gleichzeitig werden Eltern schon jetzt zum Boykott aufgerufen. „Sie können ihre Daueraufträge kündigen und das Geld auf Sperrkonten überweisen“, rät Heike Grolms-Köglowitz, Vorsitzende des Elternausschusses im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Allein in ihrem Bezirk haben über hundert Eltern angekündigt, sich notfalls juristisch gegen die Erhöhung zu wenden. Gleichzeitig rät sie, gegen jeden Bescheid sofort Widerspruch einzulegen – auch um die Bezirke mit dieser Papierflut lahm zu legen.

Wie viele Eltern sich in ganz Berlin wehren wollen, kann weder Hinkelmann noch Grolms-Köglowitz genau sagen. „Wir haben aus vielen Bezirken sehr positive Rückmeldungen, was das angeht“, so Hinkelmann. Um die Eltern richtig beraten zu können, erarbeitet der Leak momentan zusammen mit einer Anwältin eine Broschüre, die den Einzelnen über die juristischen Möglichkeiten aufklären soll.

„Es geht uns nicht in erster Linie um das Geld, das die Eltern mehr bezahlen sollen“, sagt Hinkelmann. „Es geht uns vor allem um die Folgen.“ Zum einen verabschiedeten sich durch die geplanten Erhöhungen immer mehr Eltern aus den klassischen, staatlichen Bildungseinrichtungen. „Besserverdienende suchen sich Alternativen oder gründen private Gruppen, in denen sie auch mehr Mitspracherechte haben.“ Übrig bleibe der sozial schwache Rest, der nicht nur durch die Kita-Gebühren, sondern auch durch Erhöhungen in anderen Bereichen, wie etwa Eigenbeteiligung bei Schulbüchern, betroffen sei. Das, so die Kritik von Hinkelmann, beieinträchtige irgendwann die Chancengleichheit. SUSANNE AMANN