Schills alte neue Kleider

Hamburgs neue, von Star-Designer Colani und Tom Tailor entworfene, Polizeiuniform interessiert auch in Bremen, Hannover und Kiel. Gestern lud das Hamburger Polizeipräsidium zur offiziellen Besichtigung der schärfsten Uniformen des Kontinents

von Daniel Wiese

Ronald Barnabas Schill, der abgetauchte ehemalige Hamburger Innensenator, war ein Mann mit Visionen. Viele haben über ihn gelacht, und oft genug zerplatzten seine Träume ja auch wie Seifenblasen. Nur einer nicht. Wenn sich gestern im Hamburger Polizeipräsidium die Innenminister von Niedersachsen und Schleswig-Holstein, Uwe Schünemann und Klaus Buß, der Bremer Staatsrat Thomas von Bruch und Hessens Landespolizeipräsident Norbert Nedela die Klinke in die Hand gaben, dann war das irgendwie auch ein später Erfolg für Schill und dessen lang gehegtes, liebstes Lieblingsprojekt: die neue blaue Hamburger Polizeiuniform.

„Ich freue mich, dass die Hamburger Uniform auf ein so großes Interesse stößt. Wir stellen den Ländern gern das Design kostenfrei zur Verfügung“, machte Hamburgs Innensenator Udo Nagel vor der öffentlichen Uniformbesichtigung auf dicke Hose. Dabei konnten die neuen Uniformen überhaupt nur entworfen werden, weil Star-Designer Luigi Colani auf eine Gage verzichtet und die Modefirma Tom Tailor 250.000 Euro in die Entwicklung der Uniformen investiert hatte.

Dank weiterer privater Spenden und einer Kreditaufnahme des Senats sieht es so aus, als ob die Umstellung bis zum Sommer 2005 beendet sein könnte. Hamburgs StreifenpolizistInnen wären dann die ersten in Deutschland, an denen das seit 1976 gültige Grün-Beige durch ein zackiges Blau ersetzt wird. Die Hansestadt, deren Kriminalitätsrate sich sehen lassen kann, wäre auch in diesem Punkt ein bisschen näher dran an New York.

„Ich werde euch die schärfsten Poizeiuniformen des Kontinents verschaffen“, hatte Designer Colani getönt. Seiner Absicht nach sollte die neue Dienstkleidung dermaßen „brachialisch“ und „Respekt einflößend“ wirken, „dass die ganze Republik süchtig nach Hamburg schaut“. Nun werden die Uniformen allerdings bislang von Models präsentiert, die freundlich in die Kamera lächeln. Die tatsächliche psychologische Wirkung wird sich also erst im Alltagseinsatz beweisen. Was das betrifft, darf man jedoch guten Mutes sein. Hamburgs Beamte gelten dank einer einsatzfreudigen Polizeiführung nicht gerade als Weicheier.

Der nähere Blick auf die neuen Uniformen zeigt aber schon jetzt, dass die Vision des Designers von der „Respekt einflößenden“ Außenwirkung näher gerückt ist. So treten etwa die Knöpfe und Abzeichen an den neuen Uniformen sehr viel deutlicher hervor als an den alten Modellen, wo sie im fahlen Grünton untergingen. Das dunkle Blau erhöht den Eindruck der Seriosität, der von der markanten, gezackten Mütze noch unterstrichen wird.

Kein Wunder also, dass auch die andere Prophezeiung Colanis, die ganze Republik werde „süchtig nach Hamburg schauen“, in Erfüllung zu gehen droht. Bundesinnenminister Schily hat ja sowieso schon länger sein Herz für die blauen Uniformen entdeckt. Und auch wenn die Innenministerkonferenz noch keinen Beschluss über deren baldige Einführung gefasst hat, wird in anderen Bundesländern stark mit ihr geliebäugelt. In Schleswig-Holstein zum Beispiel möchte Ministerpräsidentin Heide Simonis auf Blau umstellen, die ersten JungpolizistInnen sollen gleich nach ihrer Prüfung in die neuen Kleider schlüpfen dürfen.

In Niedersachsen will Innenminister Uwe Schünemann nach ersten „Trageversuchen“ bis 2008 mit Hamburg gleichziehen, und bei so viel Einigkeit möchte auch Bremen nicht hintanstehen. „Durch die Entscheidung Niedersachsens, die leider nicht mit Bremen abgestimmt war, würden Bremen und Bremerhaven in den nächsten Jahren in eine Insellage geraten“, zeigte sich Innensenator Thomas Röwekamp schwer besorgt. „Daher gehe ich davon aus, dass wir nach und nach die blauen Uniformen bei der Polizei Bremen einführen werden. Darüber hinaus empfehle ich auch der Ortspolizeibehörde Bremerhaven die Umstellung auf die blaue Uniform.“

Ein Gutes haben die neuen Uniformen aber auf jeden Fall: Die Polizei lässt sich mit ihr besser erkennen. Vor allem nachts. Denn auf dem dunkelblauen Stoff sind reflektierende Streifen aufgebracht.