: Gutschein-Horror für alle
Eltern können sich keines Kita-Platzes mehr sicher sein. Bildungssenator Lange stellt Weiterbewilligung für Dreijährige in Frage. Bezirke sprechen vom „totalen Bewilligungsstopp“ für alle Eltern. GAL fordert: Nehmt Lange die Kitas weg
von KAIJA KUTTER
Wer berufstätig ist und einen Kita-Gutschein hat, hat es gut, denn die jährlich fällige Weiterbewilligung ist für diese Eltern nur reine Formsache, war bislang die Ansage. Deshalb gab es für Magnus Kersting auch noch nicht wirklich Grund, nervös zu werden, als er vor drei Wochen zum Kita-Amt Altona ging und die ab Dezember nötige „Weiterbewilligung“ für seine dreijährige Tochter Mira und die achtjährige Paula beantragte. Zwar erhielt er statt der Gutscheine nur eine Antragsbestätigung mit dem Hinweis, die Bewilligung werde „vorbehaltlich“ der Entscheidung über den Nachtragshaushalt vom 29. Oktober erfolgen. Doch dass es diesen Nachtragshaushalt über 19 Millionen Euro geben würde (taz berichtete), stand ja nicht in Frage.
Seit gestern aber haben Magnus Kersting und mit ihm mehrere 1.000 andere Eltern reichlich Grund zur Nervosität. Hatte Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) doch im Jugendausschuss verkündet, Krippenkindern, die bisher sechs oder acht Stunden täglich betreut wurden, könnten nach ihrem dritten Geburtstag nur noch die per Rechtsanspruch verbrieften vier Stunden bekommen. Da die Mutter noch in Ausbildung ist, ist das für die Familie, die mit Kerstings Einkommen aus einem alternativen Kaffeehandel nur knapp über Sozialhilfeniveau liegt, ein Drama. Denn der 8-Stunden-Platz von Tochter Mira, die gerade erst drei wurde und bislang in der Krippe war, würde unbezahlbar. Bisher zahlen die Eltern den Mindestsatz. Müssten sie die vier Stunden täglich hinzukaufen, kostet dies 500 bis 600 Euro.
Doch es kommt noch schlimmer. Die Abgeordneten hatten nur nach Krippenkindern gezielt gefragt. „Der Bewilligungsstopp gilt für jede Weiterbewilligung“, deutet Norbert Hansen vom Bezirksamt Nord die Ansage der Bildungsbehörde an die Bezirke. Sprich: auch für den Schulhort von Tochter Paula wird der unsubventionierte Preis fällig.
Langes Sprecher Alexander Luckow wollte sich gestern nicht äußern. Erst nach dem Kita-Krisengipfel am Montag will er wieder Auskünfte geben. Unterdessen fragt der SPD-Abgeordnete Thomas Böwer in einer Anfrage, welche Eltern sonst noch vom Stopp betroffen sind.
Die GAL-Politikerin Sabine Steffen sprach gestern von einem „familienpolitischen Skandal ohne Beispiel“ und appelierte an den Bürgermeister: „Wenn Sie sich von Senator Lange trotz seiner erwiesenen Unfähigkeit nicht trennen wollen, so nehmen Sie ihm wenigstens die Verantwortung für die Kitas weg.“