: „Nur Spinner erheben Gebühren“
Studis sind verärgert über das taz-Modell. Gebühren, die sie selbst verwalten, lehnen ihre Vertreter einhellig ab. Die Privat-Uni Witten-Herdecke sei kein Vorbild, Studiengebühren per se ungerecht
BERLIN taz ■ Die deutschen Studierendenvertreter haben empört auf ein Modell von Studiengebühren reagiert, das in ihrer Macht läge. „Wir lehnen Studiengebühren prinzipiell ab – ganz egal, von wem sie erhoben werden“, lautet die einhellige Aussage von Studentenausschüssen und ReferentInnenräten. Die taz hatte in ihrer gestrigen Ausgabe ein Gebührenmodell zur Diskussion gestellt, bei dem die Studierendenschaften die volle Kontrolle über Einnahme und Verwendung der Gelder bekämen.
Den zentralen Grund für die Ablehnung einer studentisch verwalteten Studiengebühr lieferte Nele Hirsch vom Vorstand des freien zusammenschlusses der studierendenschaften (fzs). „Bildung ist eine öffentliche Aufgabe und sollte aus öffentlichen Mitteln finanziert werden“, sagte Hirsch der taz. Gebühren förderten die soziale Ungleichheit – daran ändere sich auch nichts, wenn Studierende deren Verwaltung übernähmen. Der fzs ist ein Dachverband der deutschen Studivertretungen.
Die Studentenvertreter sehen auch keine Möglichkeit, die demokratische Beteiligung an der Hochschule durch ein studentisch organisiertes Gebührenmanagement zu verbessern. „Die Einflussmöglichkeiten könnte man auch durch eine paritätische Besetzung der universitären Gremien erreichen“, sagte etwa Diana Schmidt vom StudentInnenrat der Uni Leipzig.
Auch Heiner Fechner, Vorstandsmitglied im deutschen Studentenwerk, lehnte die Verbindung von demokratischem Einfluss und Studiengebühren rundweg ab. Es sei eine absurde Idee, Studierende könnten sich dazu entschließen, von sich selbst Gebühren zu erheben, um damit die Finanzsituation der Hochschulen zu verbessern. „So etwas macht man nicht an einer demokratischen Hochschule“, sagte Fechner, „das machen höchstens die anthroposophischen Spinner in Witten.“ An der privaten Uni Witten/Herdecke werden Gebühren von 500 bis 1.500 Euro je Semester fällig, die von den Studis selbst verwaltet werden.
Studierende, so Fechner, brächten grundsätzlich keine finanziellen Beiträge zum Studium ein. Das sei Aufgabe des Staates. Die Beteiligung von Studis bestehe darin, sich intellektuell im Studium einzubringen.
Unterdessen hat eine gestern veröffentlichte Umfrage an der Uni München die Haltung der Studivertreter bestätigt – auch die StudentInnen sind mehrheitlich gegen Gebühren. Die Befragten gaben zu 13,5 Prozent an, schon bei einer Gebühr von 500 Euro je Semester das Studium abzubrechen. Bei 1.000 Euro wären es knapp 30 Prozent, bei 4.500 Euro drei Viertel der Befragten.
Auch bei den so genannten nachlaufenden Gebühren, also Beiträgen, die nach dem Studium anfallen, würden sich hohe Abbrecherquoten einstellen. Die Befragung unter 606 Münchener Studierenden kommt daher zu dem Schluss: „Die Mehrheit (60 Prozent) macht die Entscheidung, das Studium abzubrechen, nicht vom Zeitpunkt der Rückzahlung abhängig, sondern ausschließlich von der Höhe der Gebühren.“ TAZ
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