: Kurzer Langlauf an der Kö
Düsseldorf ist zum dritten Mal in Folge Auftakt des Ski-Langlauf Weltcups. Die städtischen Sprintrennen unterstützen den Boom. Spezialisierung schreitet vor allem im Männerbereich voran
AUS DÜSSELDORFDANIEL THEWELEIT
Für spontane Wochenendflaneure wird das Düsseldorfer Rheinufer am kommenden Wochenende wieder eine bizarre Szenerie bieten. In enge Anzüge gekleidete Skifahrer sausen auf einem 800 Meter langen Kunstschneeband umher und werden dabei von Bier und Glühwein trinkenden Volksfestmassen beobachtet, während irgendwo im Hintergrund Popdiven aus der Welt von MTV und Viva dünn bekleidet ihre Kunst zum Besten geben. So fängt der Winter an. Zumindest im Sport. Zum dritten Mal wird der Auftakt des Langlauf-Weltcups mittlerweile in der Landeshauptstadt ausgetragen – was als PR-Gag im Zuge der inzwischen gescheiterten Olympia-Bewerbung begann, ist zu einem kommerziellen Erfolgsstück mit Beispielcharakter gereift.
200.000 Zuschauer werden erwartet bei diesem Event, das normalerweise im verschwiegenen Berg- und Waldidyll Zuhause ist. „Es ist wichtig, dorthin zu gehen, wo die Zuschauer sind“, sagt Bundestrainer Jochen Behle. Im kommenden Jahr soll ein weiterer Großstadtweltcup in Wien hinzukommen. „Wir haben 400 Prozent Zuwachs bei den Zuschauerzahlen“, verkündet der letztjährige Gesamtweltcupsieger René Sommerfeldt stolz. Den Einwurf, dass das alles doch irgendwie pervers sei, eine Verschwendung von Energie, angesichts der aufwändigen Kunstschneeherstellung etwa, will keiner mehr hören. Man hat sich daran gewöhnt. Selbst ein Snowboardwettkampf auf dem Kölner Neumarkt im August oder Spekulationen über einen Weltcup in der Skihalle Bottrop sorgen kaum noch für Verwunderung.
„Wer hier zufällig beim Samstagseinkauf vorbei kommt, wird unseren Sport vielleicht über den ganzen Winter über weiter verfolgen“, freut sich Behle auf das fachfremde Publikum, das in Reit im Winkel oder am Holmenkollen eben nicht so zahlreich herumläuft. Zudem ist es wohl gelungen, den sportlichen Verlauf der Rennen mit neuen Disziplinen wie Sprint und Massenstart aufregender zu machen. Und die Deutschen haben nach Jahren der Dürre wieder Läufer, die Siege einfahren. „All diese Komponenten haben neuen Schwung in den Langlaufsport gebracht“, sagt Behle und ergänzt, besonders der Sprint habe einen wichtigen Beitrag geleistet zur neuen Begeisterung um die deutschen Langläufer.
Hier dominieren nicht die ausgemergelten schweigsamen 50 km-Läufer, die sich so verausgaben, dass sie hernach sprach- und willenlos zusammen sacken, mittlerweile hat sich ein Spezialistentum entwickelt, das man getrost als bunt, schrill und schnell bezeichnen kann. „Besonders bei den Männern gibt es kaum noch Allrounder, Distanzläufer wie René Sommerfeldt, laufen hier nur um kleine Punkte“, sagt Behle. Dirk Klessen ist so ein Typ, bunte Haare, dicke Oberschenkel, lockeres Mundwerk. Ob er überhaupt noch ein richtiger Langläufer sei, wurde er einmal gefragt. „Eher ganz wenig“, lautete seine Antwort. „Fast gar nicht mehr, um es ehrlich zu sagen.“ Klessen, Tobias Angerer und Axel Teichmann zählen zu jenen Fahrern, die das Finale der besten 16 erreichen können.
Bei den Frauen ist die Spezialisierung kaum ausgeprägt. Claudia Künzel und Manuela Henkel haben gute Chancen auf eine Finalteilnahme und natürlich auch Evi Sachenbacher. Der Star von Salt Lake City hat sich nach einem schwachen Jahr von der Mannschaft gelöst und trainiert nun mit eigenem Trainer, um „irgendwann einmal den Gesamtweltcup“ zu gewinnen, wie sie sagt. Zu viele PR-Termine habe Sachenbacher zuletzt wahrgenommen, lautete ein Vorwurf Behles. An der Werbeveranstaltung in Düsseldorf darf sie aber ganz bestimmt mit vollem Engagement teilnehmen.