: Tolle Betonkurven
Begeisterungsfähige Bauingenieure sind der Meinung: Die neue Ausstellung „Straßenbrücken“ hat Schwung
Im Zuge eines bundesweiten Coming Outs der Brückenliebhaber kann jetzt endlich auch deren Bremer Fraktion an die Öffentlichkeit treten. In der Halle der Sparkasse am Brill gastiert die Wanderausstellung „Straßenbrücken – Ingenieur Bau Kunst in Deutschland“, konzipiert vom Bundesverkehrsministerium und der Bundesingenieurkammer. Angefügt ist ein kleiner Regionalteil mit Beispielen von Bremer Exemplaren.
Der Besucher lustwandelt durch die Reihen der großzügig in der Halle verteilten Schautafeln. Zu sehen: Fotos von irgendwie besonderen deutschen Brücken und jede Menge abstrakter Lesestoff – Infos über Brückentypen, Bauprojekte, trügerische Untergründe. Nur drei kleine Modelle reißen die Aufmerksamkeit vorübergehend in die furchterregende Konkretheit des Dreidimensionalen.
In Großbritannien kennt man die menschliche Spezies der „trainspotter“: Menschen, die selbst im Winter an Bahngleisen ausharren, um die Seriennummern von Zügen aufzuschreiben. „Bridgespotter“ haben es da vermeintlich leichter, denn die Objekte der Begierde können nicht einfach wegfahren. Doch auch vor die Lust der Pontophilen hat der liebe Gott den Schweiß gestellt. Termini wie „Orthotrope Platte“ oder „Unterspannung“ müssen locker über die Zunge gleiten.
Die anwesenden Ingenieure bezeichnen den Brückenbau als „Königsdisziplin“. So auch Martin Ernsing vom Verkehrsamt, der einiges über seinen Liebling erzählen kann: Den Brückenstrang Breitenweg – vom Bremer Volksmund „Hochstraße“ getauft – nennt er aufgrund seines gewölbten Unterbauchs und der filigranen Trägerpaare ein ästhetisches Meisterwerk.
An den passenden bauhistorischen Anekdötchen erkennt der Brückenlaie die Platzhirsche. Deren Population verzeichnet bundesweit einen bemerkenswerten Zuwachs. Angeblich schon 100.000 Gäste haben die Ausstellung betreten. Um die Fährte aufzunehmen, hilft Schnuppern im Glossar des Begleitkatalogs: „Orthotrope Platte = Ein durch orthogonal (rechtwinklig) angeordnete Versteifungsrippen für Biegung tragfähiger gemachtes Stahlblech.“
Tim Ackermann
„Straßenbrücken“: bis zum 11. Dezember, Sparkasse Bremen, Am Brill 1-3