Verhasste Genossen

SPD-Fraktion in der siegerländischen Stadt Bad Laasphe ist gespalten. Zoff unter Parteifreunden. Landespartei leitet „Sofortmaßnahmen“ ein

SPD-Debatten-Kultur:„Du bist krank im Kopf, du brauchst ärztliche Hilfe“

VON MARTIN TEIGELER

Am Ende gifteten sich die Genossen nur noch an. „Du bist doch krank im Kopf, du brauchst ärztliche Hilfe“, soll ein Sozialdemokrat den anderen beschimpft haben. Im 16.000-Einwohner-Städtchen Bad Laasphe (Kreis Siegen-Wittgenstein) hat sich die SPD-Ratsfraktion gespalten. Vier Mitglieder haben eine eigene Ratsgruppe gegründet, weil sie sich von der Fraktionsmehrheit gemobbt und hintergangen fühlen. Die NRW-SPD reagierte gestern auf den Zoff im Siegerland. „Generalsekretär Michael Groschek wird dem Landesvorstand vorschlagen, Sofortmaßnahmen gegen diese Leute einzuleiten“, sagt Bernd Neuendorf, Sprecher der Landespartei. Funktionen und Mitgliedsrechte der vier Genossen sollen „ruhen“. Zudem sei geplant, ein Parteiordnungsverfahren vor dem SPD-Schiedsgericht zu eröffnen.

„Es menschelt“, erklärt Ulrich Krüger, Sprecher der vier Abtrünnigen, das Zerwürfnis mit den Rest-Sozialdemokraten. „Da herrscht so viel Kälte und Hass in der Fraktion“, sagt er. Anlass für die Absonderung von der SPD-Fraktion waren Mitte Oktober Unstimmigkeiten bei der Wahl des Fraktionsvorstandes im Nachklang zur NRW-Kommunalwahl am 26. September. Für die Viererbande sind getroffene Vereinbarungen über die künftige Fraktionsarbeit von der anderen Seite aufgekündigt worden.

„Nach Jahren des Zerwürfnisses war eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich“, sagt Rebellen-Anführer Ulrich Krüger. Seit zehn Jahren gehört Krüger der SPD an. Er berichtet von Beleidigungen und ständigen Streitigkeiten in der Fraktion. Auch um inhaltliche Fragen der Kommunalpolitik sei es gegangen, so Stadtrat Krüger. Ein Streitthema sei die Strategiediskussion gewesen, ob man „Opposition um der Opposition willen“ praktizieren wolle.

Günter Becker, SPD-Geschäftsführer des Unterbezirks Siegen-Wittgenstein, hat wenig Hoffnung auf ein Ende des Streits in Bad Laasphe. „Sowohl inhaltlich als auch menschlich ging es da nicht mehr zusammen“, sagt Becker. Ein Vermittlungsgespräch mit den vier Abspaltern sei am vergangenen Wochenende ergebnislos verlaufen. „Das wird sich so schnell nicht entkrampfen“, sagt der Parteisekretär. Der Verlust der vier Ratsmitglieder sei jedoch nicht gleichbedeutend mit einer Spaltung der Partei. Die rund 150 SPD-Mitglieder vor Ort stünden weiter zur Sozialdemokratie.

NRW-SPD-Parteisprecher Bernd Neuendorf bestätigte gestern, dass den Abspaltern nun parteirechtliche Konsequenzen drohen. „Als Sanktion gibt es mehrere Möglichkeiten von der Rüge bis zum Parteiausschluss“, sagt Neuendorf. Am kommenden Wochenende berät der Landesvorstand der NRW-Sozialdemokraten über den Knatsch in der Provinz.

Bereits vor der Kommunalwahl musste die SPD in NRW gegen zwei Abspaltungsversuche ankämpfen. In Oer-Erkenschwick trennte sich der SPD-Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Rusche ebenfalls wegen persönlicher Querelen von seiner Partei. Im Frühjahr gründete der Politiker eine „Bürgervereinigung“, mit der er erfolgreich zur Stadtratswahl antrat. Rusche wurde ebenso aus der Partei geworfen wie die Initiatoren der „Alternativen Liste“ in Herne. Der Bad Laaspher Ulrich Krüger scheint sich gleichfalls bereits mit einem Parteiausschluss abgefunden zu haben: „Ich bin mit Herz und Seele Sozialdemokrat, aber eine Rückkehr in die Fraktion schließe ich aus.“