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Archiv-Artikel

Kinder sehen alt aus

Bilanz nach 40 Jahren Sozialhilfe: Immer mehr Kinder und Alleinerziehende können ihr Leben nicht mehr selbst finanzieren. Zahl der Sozialhilfeempfänger stieg von 500.000 auf 2,8 Millionen

Von UH

BERLIN taz ■ Die Zahl der Sozialhilfeempfänger hat stark zugenommen: Sie verfünffachte sich in den letzten 40 Jahren. Mehr als eine Million Kinder erhielten Ende 2002 „Hilfe zum Lebensunterhalt“. Als im Jahre 1962 das Bundessozialhilfegesetz in Kraft trat, bezogen insgesamt nur etwa 500.000 Menschen im alten Bundesgebiet die Sozialhilfe. Ende 2002 waren es 2,76 Millionen Personen in Gesamtdeutschland. Das Statistische Bundesamt zog gestern Bilanz über „40 Jahre Sozialhilfe in Deutschland“.

In dieser Zeit hat sich die Struktur der Sozialhilfeempfänger stark verändert. So sank der Anteil der Älteren ab 65 Jahren von einst 28 auf nun 7 Prozent. Umgekehrt erhöhte sich der Anteil der Kinder unter 18 Jahren von 32 auf 37 Prozent.

Der Frauenanteil nahm von 67 auf 56 Prozent ab – obwohl die Zahl der allein erziehenden Mütter stark anstieg, die Sozialhilfe erhielten. Inzwischen ist jede vierte allein erziehende Frau auf staatliche Unterstützung angewiesen. Dabei steigt das Armutsrisiko mit der Zahl der Kinder deutlich an.

Ende 2002 waren unter den Sozialhilfebeziehern 614.000 Ausländer. Dies entspricht einem Anteil an der ausländischen Wohnbevölkerung von 8,4 Prozent. Bei Deutschen liegt die Quote bei 2,9 Prozent. Allerdings dürfte bei Ausländern nicht ihre Herkunft entscheidend sein, sondern ihre oft unzureichende Bildung. Mehr als die Hälfte aller Sozialhilfeempfänger hatte keinen Berufsabschluss.

Hinzu kamen Ende 2002 noch 279.000 Menschen, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz unterstützt wurden. Allerdings geht ihre Zahl seit 1996 zurück, damals wurden 490.000 Personen unterstützt.

Die Ausgaben für Asylsuchende beliefen sich 2002 auf 1,5 Milliarden Euro, für die Sozialhilfe wurden 8,8 Milliarden Euro aufgewendet – und für die „Hilfe in besonderen Lebenslagen“ fielen 13 Milliarden Euro an. Diese letzte Leistung erhalten Kranke, Pflegebedürftige und Behinderte.

Die Sozialhilfequote entwickelt sich seit 1963 parallel zur Arbeitslosenquote – allerdings auf einem unterschiedlichen Niveau. So hat sich die Sozialhilfequote von 1963 mehr als verdreifacht – von 1 auf 3,3 Prozent der Bevölkerung. Im selben Zeitraum stieg die Arbeitslosenquote von 0,8 auf 10,8 Prozent an. Die hohe Arbeitslosigkeit ist auch der Grund, dass die Sozialhilfequote im Osten rasant zunimmt – und nun schon fast Westniveau erreicht hat. UH

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