Opel-Arbeiter zu Verzicht bereit

Mit Mehrarbeit wollen die deutschen Werke sich gegen Trollhättan behaupten. Doch das wird nicht leicht. Denn der Staat unterstützt die schwedische Fabrik mit viel Geld

STOCKHOLM/BERLIN rtr/taz ■ Der Wettbewerb der europäischen Standorte bei General Motors (GM) geht weiter. Gestern erklärte sich die Opel-Belegschaft in Rüsselsheim zu Zugeständnissen bei der Arbeitszeit und den Lohnkosten bereit. Opel-Gesamtbetriebsratchef Klaus Franz machte aber zur Voraussetzung, dass die Entwicklung von Teilen für Mittelklassewagen wie geplant nach Rüsselsheim kommt. „Wir sind bereit, unseren Arbeitszeitkorridor auf 30 bis 40 Stunden die Woche zu erweitern“, sagte Franz gestern.

Der Lohn solle dennoch im Schnitt einer Arbeitszeit von 35 Stunden entsprechen. Die Bild-Zeitung berichtete gestern zudem , dass die Opel-Arbeitnehmer in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern bereit seien, über die Verrechnung übertariflicher Lohnanteile mit Tariferhöhungen zu verhandeln, wenn das Management zur Beschäftigungssicherung bereit ist.

GM will den Opel Vectra und den Saab 9-3 ab 2008 entweder in Rüsselsheim oder im schwedischen Trollhättan bauen lassen. Beide Standorte haben ihre Angebote in dieser Woche in der Europazentrale in Zürich eingereicht. „Schweden hat bislang die beste Offerte abgeliefert“, zitierte die Tageszeitung Göteborgs-Posten einen anonym bleibenden „Topmanager“. Das, was deutsche Politiker und Behörden abgeliefert hätten, habe dagegen „nicht gerade imponiert“.

Kein Wunder, denn das schwedische Förderpaket für Trollhättan ist mit einem Volumen von mehr als einer Milliarde Euro größer als erwartet. Um mit den EU-Wettbewerbsregeln nicht über Kreuz zu geraten, wird ein Großteil der öffentlichen Investitionen als „sowieso geplant“ oder „lediglich zeitlich vorgezogen“ verkauft. So erhält das 50.000-Einwohner-Städtchen in der Nähe von Göteborg nun nicht nur in Rekordzeit Anschluss an das im Vergleich zu Deutschland vielfach dünnere schwedische Autobahnnetz. Die Eisenbahn wird aufgerüstet, und das Werk soll einen doppelgleisigen Direktanschluss zum Göteborger Hafen bekommen. Gleiches gilt für die Arbeitsmarktförderungs- und Forschungsbudgets, die nun mit besonderer Zielrichtung auf die Automobilindustrie umgebaut werden.

Das Paket, das die Gewerkschaften sich bei ihren Verhandlungen mit der Betriebsleitung abringen ließen, kann sich ebenfalls sehen lassen. Schon ab 1. Januar wird die Arbeitskraft für GM flexibler, und es darf ein Zehntel der Belegschaftsstärke mit kurzfristigen Zeitverträgen oder von Zeitarbeitsunternehmen besetzt werden. Mit einer dritten Schicht, einer Streichung der jetzigen flexiblen Arbeitszeit und der gemeinsamen Pausen sollen die Bänder durchgängig laufen und so ohne weitere Investitionen die jetzige Produktionskapazitäten von Rüsselsheim erreicht werden.

REINHARD WOLFF

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