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Archiv-Artikel

press-schlag Fünf Siege in Serie sind schön, mehr aber sind sie nicht

Ewald Lienen, Thomas Doll und Ralf Rangnick sind die Trainer der Stunde. Bleibt die Frage: wie lange noch?

Mal sehen, was nun so zusammengeschrieben wird über Hannover 96 und Ewald Lienen, den, das nur so ganz nebenbei bemerkt, einstmals einzigen taz-Abonnenten aus der schillernden Gilde der Bundesligatrainer. Schließlich haben der für seine Zettelwirtschaft sowie seine durch und durch tugendhafte Lebenseinstellung ligaweit berüchtigte Fußballlehrer und die Seinen gerade mit 0:3 verloren beim FC Bayern, sind im Kampf um die Champions-League-Plätze somit doch arg ins Hintertreffen geraten – und haben als logische Folge aus alledem nun eine ganz schwere Woche vor der Nase: Am Dienstag kommen Dortmunder Borussen zum Pokalfight, am Samstag die Frechdachse von Aufsteiger Mainz 05. Und sollten sich Lienens Hannoveraner bei diesen Aufgaben allzu sehr verzetteln, wird manches sich schon wieder ins Gegenteil verkehren – und das Lob für fünf Siege in Folge ersatzlos gestrichen werden, schon um Platz zu schaffen für all die Kritik wegen dann dreier Niederlagen in Serie. So geht das in dieser Branche, und es spielt auch keine Rolle, dass die Gazetten gerade eben noch Lienens Mutation vom verbissenen Schulmeister zum flockigen Entertainer (SZ), der neuerdings sogar Fehler zugebe, als Grund für die jüngsten Erfolge gefeiert und als Folge dessen prompt das „neue Hannover“ ausgerufen haben. Klischee bleibt, so oder so, Klischee – und so richtig los wird Lienen das seine wohl nur, wenn er weiter gewinnt, am besten bis Saisonende. Fünf Siege in Folge reichen beim Fußballvolk jedenfalls nicht aus, zumal Lienen für kurzfristigen Erfolg ja schon immer gut war.

Was in Hannover vorerst also bleibt, ist ein Hauch von Zweifel – und das ungute Gefühl, dass alles doch nur ein kurzfristiger Höhenflug sein könnte. Und auch auf Schalke und in Hamburg sollten sie sich trotz all der derzeitigen Euphorie die Frage stellen, wo der jüngste Erfolg so plötzlich herrührt – und ob er nicht ebenso plötzlich wieder schwinden kann. Stabil, das steht fest, ist er bei beiden Klubs noch nicht, weshalb man bis auf weiteres gut beraten scheint, das Wirken der beiden (neuen) Trainer zurückhaltend zu beurteilen. Bisher kann man Ralf Rangnick (Schalke) und Thomas Doll (HSV) jedenfalls nicht mehr attestieren, als keine allzu großen Fehler gemacht zu haben (was den Vereinsoberen zumindest ausreicht, um die nicht ganz kostengünstigen Trainerwechsel zu rechtfertigen).

Auch in Gladbach wäre man bis auf weiteres über einen solchen Lauf der Dinge hoch erfreut. Und siehe da: Spiel eins unter Dick Advocaat war zwar nicht schön anzusehen, endete aber immerhin mit einem Punktgewinn in Mainz. Ob auch das der Anfang einer wundersamen Serie ist oder gar von mehr, bleibt indes abzuwarten. Wie in Hannover, Hamburg und auf Schalke.

FRANK KETTERER