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Archiv-Artikel

„Einfach fallen gelassen“

Gekündigte der Arbeitnehmerkammer-Tochter ABC ziehen vors Arbeitsgericht. Anwalt Adamietz wettert: „Die einzigen, die diese Insolvenz bezahlen, sind die Arbeitnehmer“. Gewerkschafter in der Kammer-Vollversammlung deckten dieses Vorgehen

Von ede

Bremen taz ■ Der Streit um die Insolvenz des Arbeiterbildungs-Centrums ABC geht in eine nächste Runde. Als am 27. Oktober rund 30 Beschäftigte aus dem Bereich Erwachsenenbildung gekündigt wurden, hat deren Anwalt Axel Adamietz beim Arbeitsgericht Klage gegen die Kündigungen eingereicht. Er beschreibt dies als letztes Angebot an die Arbeitnehmerkammer für eine „Bereinigung durch Einigung“. Die Kläger seien bereit zu einem Zug durch die Instanzen – denn sie seien durch die Insolvenz „sehenden Auges“ um alle Arbeitnehmerrechte gebracht worden, die sie sich in teilweise langjähriger Arbeit verdient hätten.

Adamietz will mit seiner Klage die – so sieht er es – Strategie der Arbeitnehmerkammer durchkreuzen, für die vertraglichen Ansprüche der Beschäftigten ihrer Kammer-Bildungstochter ABC nicht einzutreten. „Die Arbeitnehmerkammer muss als Mutter haften.“ Seine Argumentation: Der gesetzliche Auftrag der Kammer sei es vor allem, Weiterbildung zu organisieren. Unter anderem dafür entrichte jeder Bremer Beschäftigte monatlich den umstrittenen Kammerbeitrag. Die Weiterbildung aber organisiere die Arbeitnehmerkammer in ihren beiden Bildungstöchtern Wisoak und ABC. „Die Kammer selbst macht das nicht“, leitet Adamietz daraus und aus anderen Gepflogenheiten ab, dass die Kammer verantwortlich für die Töchter sei. Mithin gelte eine Durchgriffshaftung auch für deren Beschäftigte. Er sei aufgrund entsprechender Urteile des Bundesgerichtshofs optimistisch, dass die Arbeitsgerichte dem folgten, so Adamietz. Auch der Bremer Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler unterstützt diese Einschätzung nach einer ersten Sichtung der Unterlagen.

Die jetzige Lage sieht anders aus. Gekündigte Arbeitnehmer, die zum Teil zwanzig Jahre lang beim ABC gearbeitet haben, können nach eigenen Angaben nicht mehr als durchschnittlich zweieinhalb Monatsgehälter Abfindung erwarten. „Für einen 51-Jährigen wie mich ist das bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage und vor dem Hintergrund der Hartz-Reform bitter“, sagt der Faserverbundtechniker Zacharias. Noch ist der Ausbilder Mitglied der IGMetall. Doch ist er nicht der einzige ABC-ler, der sich jetzt in eigener Sache von den Gewerkschaften „total über den Tisch gezogen“ fühlt. Denn in der 35-köpfigen Vollversammlung der Arbeitnehmerkammer sitzen ausschließlich Gewerkschafter. Diese stimmten für die Insolvenz. „Weil das das in der Abwicklung billigste Verfahren ist“, sagen die Opfer dieser Politik. „Wir tragen die Kosten.“ Mitarbeiter-Sprecher Manfred Wallenschus berichtet: „Bremer Arbeitgeber staunen, wenn sie sehen, was die Gewerkschaften sich in der Arbeitnehmerkammer leisten.“ Besonders verbittert ist er, weil jeder Versuch der Beschäftigten, mit den Gewerkschaftern der Vollversammlung ins Gespräch zu kommen, bislang abgebügelt wurde.

„Mitarbeiter werden wie heiße Kartoffeln fallen gelassen. Es gibt nicht mal einen Abschied in Würden“, schimpft Anwalt Adamietz. Jede Insolvenz sei grässlich. „Aber einen solchen Zynismus habe ich noch nicht gesehen.“ Die Entlassenen sollten zahlen. „Fragen Sie doch mal, welches Risiko die Sparkasse für ihre rund 800.000 Euro Bürgschaft eingeht. Sowas sichert doch die Arbeitnehmerkammer ab.“ ede