: Die FU streikt erst mal ohne Forderungen
3.000 Studierende beschließen bei einer Vollversammlung in Dahlem den Ausstand. Inhalte sollen Montag folgen
Um genau 16 Uhr 01 und 15 Sekunden war es so weit. „Ich stelle fest, dass die Freie Universität der Stadt Berlin sich ab sofort im Streik befindet“, sagte der Asta-Vorsitzende Michael Hewener mit feierlicher Stimme. Etwa dreitausend Studenten in drei Hörsälen brachen in Jubel aus.
Knapp zwei Stunden lang hatten sie auf ihrer Vollversammlung diskutiert, ob man dem Streik der anderen Berliner Unis folgen solle. Am Ende stimmte die überwältigende Mehrheit dafür. Hewener war nicht überrascht: „Das lag in der Luft, vor allem seit die Humboldt-Uni am Donnerstag den Streik beschlossen hat.“ Ganz zufrieden war er trotzdem nicht: „Ich hätte mir gewünscht, dass wir noch eine Resolution mit konkreten Forderungen verabschiedet hätten.“ Dies hatten die Studenten abgelehnt. Sie wollen sich bis Montag erst einmal in Arbeitsgruppen beraten.
Absolut zufrieden war Hewener mit der Beteiligung: „Ich hätte nie gedacht, dass so viele kommen.“ Glücklich waren auch die Vertreter von TU und HU. „Diese Solidarität ist superwichtig“, meinte Daniel Tröder von der TU. „Damit wächst die Chance, dass der Senat uns anhört.“ Ähnlich positiv sah auch Peter Hartwig vom ReferentInnenrat der HU den Streikeintritt seiner Kommilitonen: „Das ist für unsere Mobilisierung sehr gut. Es hängt zwar nicht alles an der FU, aber die FU ist wichtig.“
Wirklich geschlossen sind die Reihen dennoch nicht. So kritisiert das Sozialreferat des Asta der FU die Streikenden in einem Flugblatt: „Wieso müsst ihr immer so tun, als wäre Euer Tun auch nützlich für das Gemeinwesen, deren (Volks-)vertreter Euch doch nichts als schaden wollen.“ Zudem habe der Protest bisher die falschen Formen, die Kommilitonen versuchten nicht, die Verhältnisse grundlegend zu verändern. Marek Schauer, Mitverfasser des Flyers, will das keinefalls als Beleidigung der Streikenden verstanden wissen: „Sonst hätten wir das anders geschrieben.“ Es sei um „Denkanstöße gegangen, darum, dass man erkennen muss, was den Schaden verursacht, gegen den man protestiert.“ Vielleicht sei der Ton etwas zu hart, so Schauer: „Aber man kennt das ja. Man schreibt was und regt sich dann auf und wird polemisch.“
Christoph Lüttmann von „OSI-Kritik“, einer losen Gruppe von Politologie-Studenten, die den Anstoß zu den bisherigen Protesten an der FU gab, kennt solche Kritik schon: „Wir kriegen seit langem kritische E-Mails. Den einen gehen wir nicht weit genug, die anderen beschimpfen uns als linke Utopisten. Manchmal geht das bis zu Drohungen wie: ‚Ab jetzt überwachen wir Euch‘.“ Auf das Asta-Flugblatt habe man mit einer Einladung zum Gespräch reagiert – bisher ohne Antwort. Trotzdem will sich die OSI-Gruppe kein Programm geben. „Wir sind so viele, dass da nur ein weichgespülter Konsens rauskäme“, meint Lüttmann.RUDI NOVOTNY