Schönes Loch

Die Kellerdecken noch nicht fertig, beginnt schon der Hochbau für die Europa-Passage. 30 Prozent der Einzelhandelsfläche angeblich vermietet

Von Gernot Knödler

Wer durch den Baustellenzaun an der Kleinen Rosenstraße späht, kann es sehen: Die Europa-Passage zwischen Mönckebergstraße und Jungfernstieg wächst derzeit noch in die Tiefe. Stockwerk für Stockwerk werden von oben nach unten die Kellerdecken eingezogen. In der Mitte klaffen große Löcher, durch die Beton und Armierungsstahl nach unten, Schutt nach oben geschafft wird. Lediglich das sechste Untergeschoss der künftigen Tiefgarage fehlt noch. Ist es Ende Dezember plangemäß ausgehoben, können die beiden Baugruben am Jungfernstieg und der Kleinen Rosenstraße vereint und die Kellerdecken geschlossen werden. Ab März kann das 430 Millionen Euro teure Einkaufscenter nach oben wachsen.

Die fünfstöckige Passage ist ein gewaltiges Experiment für die Innenstadt: Mit 29.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche wird sie die Kapazität ab Herbst 2006 um ein Drittel vergrößern. Aus Sicht des Senats baue Hamburg damit einer Abwanderung von Kaufkraft ins Umland vor. Die City erhalte eine Verkaufsfläche, die ihrem Rang entspricht und einen Umsatzanteil wie in anderen Großstädten. Aus Sicht mancher Händler, die heute schon in der City ansässig sind, erhöhe die Europa-Passage lediglich den Konkurrenzdruck.

In Deutschland, so ist zu hören, gebe es ohnehin zu viel Einzelhandelsfläche. Nirgendwo in Europa seien die Gewinnmargen so gering. Dazu kommt die Hafencity: Keiner weiß, ob sich für den dort anzusiedelnden Einzelhandel Nischen finden lassen, die eine Konkurrenz mit der Innenstadt erübrigen.

Der Senat stellt sich die Europa-Passage als Verbindungselement vor, das Konsumentenströme zwischen dem Passagenviertel am Jungfernstieg und der Mönckebergstraße erzeugen soll. Auf dem Plan, der die Einbindung der Hafencity in das Kunstwerk Hamburg zeigt, fügt sich die Europa-Passage in einen viel größeren Bogen zwischen Jungfernstieg und Magdeburger Hafen. Wenn einmal der Domplatz bebaut und ein sanfter Übergang über die Ost-West-Straße gefunden ist, könnten Menschen zwischen diesen beiden Polen hin und her strömen.

Der erste Baustein dieser glorreichen Zukunft könnte die Europa-Passage sein, für die die Hermannstraße unterbrochen werden und die Paulstraße weichen musste. Dafür wird es eine 160 Meter lange Direktverbindung vom Jungfernstieg / Ecke Ballindamm zur Mö / Ecke Kleine Rosenstraße geben. Ab April 2005 werden auf dieser Strecke 21 parabelförmige Bögen von 20 Metern Höhe aufgestellt, die die Ebenen der Einkaufspassage tragen und zugleich durch einen lichten Raum verbinden. 30 Prozent der Einzelhandelsfläche sei bereits fest vermietet, sagt das Allianz-Center-Management.