Niedersachsen goes Atomklo

Das Land geht in der Endlager-Debatte weiter auf Konfliktkurs zu Umweltminister Trittin. Der sagte dafür die Teilnahme an einem Atom-Symposium in Hannover ab

Hannover taz ■ Noch bevor alles überhaupt begonnen hatte, kam es schon zum Eklat: Zu einer Veranstaltung von „lediglich regionaler Bedeutung“ wolle er nicht kommen, muffte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) – und sagte die gestrige Teilnahme am Endlager-Symposium des niedersächsischen Umweltminsteriums ab. Auch Fachleute vom Bundesamt für Strahlenschutz, das Trittin untersteht, mussten zu Hause bleiben. „Kein Verständnis für die Weigerung“ Trittins zeigte gestern Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) vor 200 Endlager-Interessenten beim Symposium in Hannover. Stattdessen will das Land offensichtlich sogar möglichst bald zum Atomklo Deutschlands werden. Sander betonte, Niedersachsen dränge auf einen schnellen Abschluss von „ergebnisoffenen Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben“. Auch die Bundesregierung will “ergebnisoffen“ prüfen, aber auf einer weißen Landkarte. Sollten die Erkundungsarbeiten nach dem Moratorium in Gorleben 2005 wieder aufgenommen werden, stehe aber frühestens 2012 fest, ob der Standort für ein Endlager geeignet ist, sagte Holger Bröskamp von der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS). Die GNS managt für die Stromunternehmen die Entsorgung des Atommülls.

„Es würde zu weit gehen, wenn ein gut geeigneter Standort mangels Akzeptanz verworfen und dafür ein aus fachlicher Sicht nachweislich ungeeigneter Standort gewählt würde, nur weil er auf keinen oder geringen Widerstand der Bevölkerung stößt“, betonte Sander. Sein Staatssekretär Christian Eberl sagte: „Die Bundesregierung muss endlich in die Strümpfe kommen und den Ergebnissen des Arbeitskreises Endlager Taten folgen lassen.“ Und er fügte noch hinzu: „Wenn der Bund Gorleben aus politischen Gründen nicht realisieren will, soll er das sagen.“

Die anwesenden Experten vertraten mehrheitlich die Auffassung, dass der Plan der Bundesregierung für nur ein Endlager für alle Arten von radioaktiven Abfällen weniger sinnvoll ist als die Einrichtung von zwei Endlagern: eins für schwach- und mittelradioaktiven Abfall, eins für hochradioaktiven Müll. Ansonsten drohten von 2013 an enorme Engpässe bei der Zwischenlagerung von schwach- und mittelradioaktivem Müll, sagte GNS-Mann Bröskamp. „Es wäre wahrscheinlich besser, zwei Endlager einzurichten als nur eines“, meinte auch Heinz-Jörg Haury vom Arbeitskreis Endlagerung, der von der Bundesregierung eingesetzt wurde. Sein Fazit: „Ich habe das Gefühl, dass alle dazu beitragen, den Stand vom Anfang des Arbeitskreises Endlagerung wieder zu erreichen. Das stimmt mich traurig.“ KAI SCHÖNEBERG