John Demjanjuk knapp entkommen

US-Berufungsgericht stoppt Auslieferung. Bund hofft aber auf schnelle Lösung des Falles

BERLIN/SEVEN HILLS dpa/afp ■ Im Fall des mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers John Demjanjuk hofft die Bundesregierung trotz des Auslieferungsstopps in letzter Minute auf eine schnelle Entscheidung. Man gehe von einem zügigen Verfahrensabschluss aus, sagte ein Sprecher des Justizministeriums gestern.

Die Entscheidung des US-Berufungsgerichts erfolgte kurz nachdem Beamte den 89-jährigen Demjanjuk aus dessen Privathaus in Seven Hills bei Cincinnati im US-Bundesstaat Ohio abgeholt hatten, um ihn zum Flughafen zu fahren. Wie die US-Einwanderungsbehörde mitteilte, durfte Demjanjuk vorerst nach Hause zurückkehren. Er wird dort, wie zuvor schon, mit einer elektronischen Fußfessel überwacht.

Das Berufungsgericht erklärte, der Eilantrag von Demjanjuks Anwälte auf neuerliche Prüfung des Abschiebeverfahrens erfordere seitens der Justiz „weitere Abwägung“. Die Anwälte berufen sich darauf, dass die Auslieferung wegen Demjanjuks Alter und Gesundheitszustand gegen das völkerrechtliche Verbot von Folter und unmenschlicher Behandlung verstoßen würde.

Der Sprecher des deutschen Justizministeriums betonte, es handele sich um ein innerstaatliches US-Verfahren. Die hiesigen Behörden kämen ins Spiel, wenn sich Demjanjuk in Deutschland befinde. Der Mann sollte nach München gebracht werden.

Das dortige Amtsgericht hatte im März Haftbefehl gegen den gebürtigen Ukrainer erlassen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, im Zweiten Weltkrieg als Wachmann im Nazi-Vernichtungslager Sobibor Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 Juden geleistet zu haben.