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Archiv-Artikel

Schulverhältnis aufgelöst

„Grenzen ziehen, ohne auszugrenzen“: Nachdem Waldorfschule in Braunschweig einen Lehrer entließ, der für die NPD arbeiten will, sollen nun auch seine Kinder gehen

Braunschweig taz ■ „Das Schulverhältnis mit der Familie Molau ist aufgelöst“, erklärte Michael Kropp, Geschäftsführer der Freien Waldorfschule Braunschweig. Auf einem Schulforum verkündete deren Vorstand diese Woche, dass die Kinder der Molaus die Schule nicht mehr besuchen dürfen. „Eine schwere Entscheidung“, so Kropp. Das Forum sollte in der Schule eine Aussprache ermöglichen. Denn vor gut zwei Wochen erfuhren Lehrer und Eltern vom politischen Engagement von Vater Andreas Molau und waren entsetzt.

In den Herbstferien hatte Molau, der seit acht Jahren an der Waldorfschule Deutsch und Geschichte unterrichtete, um eine Beurlaubung gebeten. Er wollte als wissenschaftlicher Mitarbeiter der sächsischen Landtagsfraktion der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) arbeiten und die Parteizeitung Deutsche Stimme redaktionell betreuen. Der 36-Jährige sieht keinen Widerspruch zwischen seiner Lehrtätigkeit und seinen politischen Bemühungen. Die Waldorfschule indes schon – und beendete das Anstellungsverhältnis (taz berichtete).

Dass nun auch Molaus Kinder die Schule verlassen müssen, sei einer langen Diskussion geschuldet. „Wir wollten Grenzen ziehen, ohne einfach auszugrenzen“, so Kropp. Doch die Frage drohte die Schulgemeinschaft aus 350 Elternhäusern zu spalten: Viele Mütter und Väter konnten sich nicht mehr vorstellen, mit der Familie des ehemals beliebten Lehrers bei der Elternarbeit zu kooperieren. „Solche Positionen“, sagte eine Mutter, „dürfen nicht toleriert werden.“ Molau kündigte rechtliche Schritte gegen den Verweis an.

Schon vor Jahren hatten Eltern die Schulleitung nach Molau befragt. Im Internet waren sie auf seinen Namen gestoßen. Als Mitglied der rechten „Deutschen Hochschulgilde Trutzburg Jena“ zu Göttingen schreibt er seit langem für rechtsextreme Blätter wie Nation und Europa. Seine Staatsexamensarbeit, „Alfred Rosenberg. Der Ideologe des Nationalsozialismus“, erschien 1993 in dem rechtsextremen Verlag Siegried Bublies. Bei der Jungen Freiheit, laut Verfassungsschutz „wichtigstes Sprachrohr der Neuen Rechten“, leitete er das Kulturressort. Ebenfalls im Internet war zu lesen, dass Molau die „neurechte“ Wochenzeitung nach einem Richtungsstreit verlassen musste und zur ultrarechten Zeitschrift Deutsche Geschichte ging. Anlass war demnach ein Beitrag in seinem Ressort, der die Leugnung des Holocaust andeutete.

„Ein Namensvetter, so hatte Molau seinen Namen im Internet erklärt“, sagte Kropp. Dass diese vermeintliche Täuschung über Jahre gelang, verwundert. „Es macht uns Angst“, räumte der Geschäftsführer ein, „dass wir das nicht bemerkt haben.“ Nun will sich die Schule mit der „Neuen Rechten“ auseinandersetzen.

Ob sie auch die Kritik an den rassistischen Formulierungen Rudolf Steiners einbezieht, wollte Kropp gegenüber der taz nicht sagen. Doch genau jene Positionen Steiners, etwa dass „die Weißen (...) eigentlich diejenigen (seien), die das Menschliche entwickelten“, gefällt manchem rechten Geist. Andreas Speit