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Archiv-Artikel

Passpflicht bald auch für Wohnhäuser

Was bei Kühlschränken schon die Regel ist, könnte bald auch für Häuser gelten. Ein Energiepass soll dem Bewohner Orientierungshilfe für die Heizkosten geben. Doch die Wohnungswirtschaft ist gegen die geplanten Regelungen

VON BEATE STRENGE

Die meisten Gebäude in Deutschland sind Energieschleudern. Schuld sind mangelhafte Dämmung und veraltete Heizungen. Das soll anders werden: mit einem Energiepass, der Gebäude in Effizienzklassen einteilt – ähnlich wie das bei Kühlschränken schon lange der Fall ist. Dieser wird Pflicht für Wohnungen oder Häuser, die vermietet oder verkauft werden, und soll zehn Jahre gültig sein.

Hintergrund ist eine EU-Richtlinie, die bis Januar 2006 umgesetzt sein muss. „Das bedeutet endlich mehr Transparenz auf dem Wohnungsmarkt“, lobt Barbara Litke vom Deutschen Mieterbund. Bis Ende 2004 läuft ein Praxisversuch, an dem sich Wohnungsunternehmen, Kommunen, Energieversorger und Baugewerbe beteiligen. Federführend ist die Deutsche Energieagentur (dena), Auftraggeber sind die Bundesministerien für Wirtschaft, Bau und Umwelt.

Hinter den Kulissen allerdings gibt es Streit um den richtigen Weg. Die Spitzenverbände der Wohnungswirtschaft lehnen Effizienzklassen ab. Denn die Einteilung sei bei Häusern nicht so einfach wie bei Kühlschränken.

Der Vorschlag der Deutschen Energieagentur sieht Klassen von A bis I vor. Grundlage dafür sind zwei Daten: einerseits der Energiebedarf eines Hauses nach bauphysikalischen Eigenschaften wie Dämmung und Heizung, zweitens die Primärenergie – Öl, Gas oder Kohle –, die für Heizung und Warmwasser verbraucht wird. Eine Elektroheizung ist viel schlechter als Öl oder Gas, weil bei der Stromerzeugung im Kraftwerk viel Energie verloren geht. Gut hingegen sind laut dena Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung, eine Holzheizung oder Warmwasser durch Sonnenenergie. „Klasse A muss nicht unbedingt heißen, dass das billig ist,“ stellt Siegfrid Harjes klar, Bundesvorsitzender der Gebäude-Energieberater. Etwa 1.000 Energiepässe sind im Versuch bereits erstellt. Auffällig: Gerade bei Einfamilienhäusern, die zwei Drittel der deutschen Wohngebäude ausmachen, schnitten viele schlecht ab. Nach Berechnungen der dena könnte ein Haus, das von F nach A hochrutscht, 880 Euro im Jahr an Energiekosten sparen.

Den Pass müssen die Eigentümer zahlen. „Fast drei Viertel der Pässe kosten weniger als 250 Euro“, sagt Felicitas Kraus von der Deutschen Energieagentur. Das glaubt die Wohnungswirtschaft nicht. „Das bleibt nicht dabei. Nach jeder Renovierung braucht man einen neuen Pass“, schimpft Siegfried Rehberg, Technikreferent beim Bundesverband deutscher Wohnungsunternehmen. „Dieser Energiepass ist ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Energieberater, für die Glas- und Dämmstoffindustrie.“ Rehberg fordert einen einfachen Infoausweis, der den jährlichen Durchschnittsverbrauch an Heizkosten angibt. Dieser müsse sich berechnen nach dem Pro-Quadratmeter-Verbrauch vermietbarer Wohnfläche – Zahlen, mit denen die Wohnungswirtschaft bereits hantiert. Die Einteilung der dena nach Effizienzklassen basiert dagegen auf anderen Zahlen: auf Nutzfläche und Kubikmetern – wie in anderen Baugesetzen üblich. Für Rehberg eine Verwirrung der Mieter: Klasse A in einem sanierten Plattenbau bedeute als Primärenergie 52 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Zahlen müsse der Mieter aber 79 KWh. Zudem könnten manche Häuser ihre Effizienzklasse nicht verbessern. „Ein allein stehendes Hochhaus kann nie in die A-Klasse. Da rauscht zu viel Wind an den Außenwänden vorbei“, sagt Rehberg.