Studis springen auf den teuren Zug auf

Kaum akzeptieren die TU-Studierenden das verteuerte Semesterticket des Verkehrsverbundes VBB, wird auch an den anderen großen Unis nach neuen Urabstimmungen gerufen. Humboldt-Uni entscheidet heute, die Freie Universität nächste Woche

VON FELIX LEE
UND RICHARD ROTHER

In den Streit um das Semesterticket ist wieder Bewegung gekommen. Nachdem die StudentInnen der Technischen Universität (TU) vergangene Woche mit einer Dreiviertelmehrheit für das um 23 Prozent verteuerte Semesterticket stimmten, überlegen sich nun auch die Studierenden der Humboldt-Uni (HU), ob sie ihre ablehnende Haltung überdenken sollen. Heute Abend will das Studierendenparlament (Stupa) entscheiden, ob sie ein zweites Mal das Semesterticket zur Urabstimmung stellen sollen. An der Freien Universität (FU) könnte es im Januar eine neue Abstimmung geben.

Die Chancen für eine neue Urabstimmung an der HU stehen gar nicht schlecht. Denn neben dem CDU-nahen RCDS gibt es nun auch mindestens zwei linke Listen im Stupa, die für eine zweite Urabstimmung sind. Seit klar ist, dass der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) von seinem Preis in Höhe vo 141 Euro nicht mehr abrücken wird, müsse man die StudentInnen erneut befragen, findet auch Peter Hartig, Öffentlichkeitsreferent des ReferentInnenrats, der offiziellen Studierendenvertretung der Humboldt-Uni.

Der ReferentInnenrat hatte sich noch bei der ersten Urabstimmung im Juli gegen die Annahme ausgesprochen und für einen Alternativpreis in Höhe von 118,50 Euro plädiert. Damals waren die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Zwar war abzusehen, dass der VBB von den 141 Euro nicht runtergehen würde. Offen war jedoch noch, ob das Ticket, so wie für die Studierenden in Potsdam und Frankfurt (Oder), für ganz Berlin-Brandenburg gilt oder nur im Berliner Stadtgebiet. Die Verkehrsbetriebe blieben aber kompromisslos. „Der VBB hat auf arrogante Weise klar gemacht, dass er nicht weiter verhandeln wird“, sagt Hartig.

Für die Humboldt-Studis wird es zeitlich nun eng. Stimmt eine Mehrheit im Stupa für einen zweiten Urnengang, müssen die Abstimmungsergebnisse spätestens eine Woche vor Beginn der Weihnachtsferien vorliegen. Denn dann verschickt die Uni-Verwaltung die Zahlscheine, mit denen neben den Semesterbeiträgen ans StudentInnenwerk und den Verwaltungsgebühren auch die Gebühren des Semestertickets für das Sommersemester 2005 bezahlt werden.

Für die rund 40.000 Studierenden der Freien Universität ist der Zug bereits abgefahren, zumindest für das kommende Sommersemester. Die Rückmeldeunterlagen für das Sommersemester werden bereits gedruckt und ab Dezember verschickt. Wie es nun weitergeht, soll auf der nächsten AStA-Sitzung am Montag entschieden werden. Eine Variante ist, dass im Januar eine Urabstimmung durchgeführt wird. Ein positives Votum vorausgesetzt, könnte das – verteuerte – Semesterticket an der FU frühestens im nächsten Wintersemester eingeführt werden.

Mit dem 141-Euro-Ticket werde das Prinzip der Umsatzneutralität verletzt, kritisierte die FU-Semesterticket-Beauftragte Nicole Eschner. Der VBB dürfe keinen Gewinn mit dem Ticket machen, sonst sei der Preis nicht vor den Studenten zu rechtfertigen. „Für viele, vor allem ausländische Studenten, sind 141 Euro kaum aufzubringen.“ Klar sei aber: „Wir setzen das Mandat der Studierenden um.“

Die PDS-Verkehrsexpertin Jutta Matuschek begrüßte gestern das Votum der TU-Studenten. „Das überrascht mich nicht“, so Matuschek. Sie habe seit längerem klar gestellt, dass es keine weiteren Verhandlungen gäbe. „Jetzt müssen an HU und FU so schnell wie möglich Urabstimmungen durchgeführt werden.“