Schill wieder Spitze – ohne Abrechnung

Hamburger Rechtspopulist erneut zum Vorsitzenden und Spitzenkandidaten seiner gebeutelten Partei gewählt

HAMBURG taz ■ Ronald Schill feiert sein Comeback auf der politischen Bühne. Gut drei Monate nach seiner unehrenhaften Entlassung aus dem Hamburger Rechts-Senat wählte der Landesparteitag der Schill-Partei den ehemaligen Innensenator am Sonnabend erneut zum Vorsitzenden. Er sei, kündigte der frisch aus dem Thailandurlaub zurückgekehrte Schill zugleich seinen Anspruch auf die Spitzenkandidatur in zwei Jahren an, „bereit für die nächste Wahl“.

Mit 73,5 Prozent musste Schill allerdings ein unerwartet schlechtes Ergebnis gegenüber den 96,8 Prozent vor einem Jahr einstecken: Ein deutliches Zeichen dafür, dass der heftige Flügelstreit in der Schill-Partei noch nicht überwunden ist, der nach Schills Rauswurf aus der Regierung durch Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am 19. August entbrannt war. Selbst eine Spaltung der Partei war in den vergangenen Tagen nicht ausgeschlossen worden. Drei Viertel der 189 Delegierten aber stehen weiterhin oder wieder zu ihrer Leitfigur: „Ohne Schill“, so die oft gehörte Einschätzung am Rande des Parteitags, „können wir doch einpacken.“

Schill selbst hatte einen reservierten Empfang mit seiner Parteitagsrede in zweiminütige Standing Ovations verwandeln können. Entscheidend dafür war, dass er auf die von vielen befürchtete Abrechnung verzichtete. „Ich stelle Persönliches zurück hinter meine staatsbürgerliche Verantwortung für diese Partei und für diese Stadt“, verkündete er unter erleichtertem Jubel der Versammlung. Heute sei „der Tag der Zäsur“, und er sei bereit, „die Partei politisch wieder voranzubringen“.

Er wolle „wieder für die deutliche Handschrift“ sorgen, erläuterte Schill nach seiner Wahl im Gespräch mit Journalisten. Als Vorsitzender der zweitgrößten Partei in der Hamburger Regierung wolle er auch im Koalitionsausschuss „wieder ein Wörtchen mitreden“. Das aber könnte für Zündstoff im Bündnis sorgen.

Er werde sich mit Schill „nie wieder an einen Tisch setzen“, hatte von Beust nach dem Eklat im August erklärt. „Der Bürgermeister steht zu seinem Wort“, bekräftigte sein Sprecher Christian Schnee gestern auf Anfrage der taz. Von einem „Problem“ könne aber keine Rede sein: „Wenn eine Situation da ist, lösen wir sie.“ SVEN-MICHAEL VEIT