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Archiv-Artikel

Flexibilität hat eine neue Farbe

Grüne wollen immer mitregieren: In Essen und Duisburg gilt eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen als sicher. In Dortmund und Bochum setzt die Ökopartei hingegen auf die SPD

VON ANDREAS WYPUTTA

Essen wird Schwarz-Grün. Die Reviermetropole soll in den kommenden fünf Jahren von einer Koalition aus CDU und Grünen regiert werden. „Bei den Verhandlungen sind wir in vielen Punkten erstaunlich gut miteinander klargekommen“, sagt Hiltrud Schmutzler-Jäger, Vorsitzende der Grünen im Essener Stadtrat. „Wir sind guter Dinge“ – auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Heribert Piel schwärmt beinahe über „konstruktiven“ Gespräche: „Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode ein Vertrauensverhältnis aufgebaut.“ Über die Unterzeichnung eines Koalitionsvertrages soll die grüne Basis am 24. November auf einer Mitgliederversammlung entscheiden. Die CDU entscheidet am 22. auf Fraktions- und am 29. auf Parteiebene.

Erleichtert wurde die Entscheidung durch die Mehrheitsverhältnisse im Rat: Rot-Grün ist nicht denkbar, nachdem die SPD wie schon nach der Kommunalwahl mit nur 28 Sitzen hinter der 32-köpfigen CDU-Fraktion rangiert. Auch inhaltlich wurden sich die früheren ideologischen Gegner schnell einig: Streitpunkte wie der Weiterbau der A52, die nach dem Willen von CDU wie SPD mitten durch den dichtbesiedelten Essener Norden führen soll, konnten ausgeklammert werden. „Die kommt doch frühestens in 15, 20 Jahren“, sagt auch Piel. Mit den „aufgeschlossenen Konservativen“ könne man „ideologiefrei diskutieren“, lobt ein führender Essener Grüner – und hofft auf das Einverständnis seiner Parteibasis.

Auch die Duisburger Grünen wollen mit der CDU zusammenarbeiten: „Die Kooperation wird kontinuierlich vertieft“, sagt Fraktionssprecher Dieter Kantel. Unklar ist aber noch, ob die Vereinbarung in einen formalen Koalitionsvertrag mündet oder es bei einer losen Koordinierung bleibt – in Duisburg wäre rechnerisch auch eine Zusammenarbeit mit der SPD möglich, die mit 28 Sitzen auf Augenhöhe der CDU liegt. Doch die Sozialdemokraten haben die Grünen verprellt, wechselten in der vergangenen Legislatur zur FDP. „Die wollten das Rad der Geschichte zurückdrehen“, ärgert sich Kantel noch heute: Der Rat sei von der sozialliberalen Koalition nicht nur in der Kulturpolitik ausgebootet worden. Mit der CDU gebe es dagegen eine „breite Übereinstimmung“, etwa bei der Ablehnung des überdimensionierten Einkaufszentrums „Multi Casa“ oder des überteuerten U-Bahn-Baus, erklärt Kantel: „Das wird auf absehbare Zeit nicht kommen.“

Dabei muss ein Rauswurf durch die SPD nicht das Ende der Kooperation bedeuten: Die Dortmunder Grünen setzen weiter auf die Sozialdemokraten, haben schon vor der Stichwahl für deren Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer geworben – Kröten wie dem ebenfalls völlig überdimensionierten Bahnhofsausbau zum Trotz. „Sonst wären wir vom Investor Sonae in Regress genommen worden“, so Fraktionschefin Daniela Schneckenburger. „Das wäre die endgültige Pleite der Stadt.“ Auch die Bochumer Grünen setzen weiter auf die SPD: Noch wird verhandelt, doch kommenden Mittwoch soll der neue Koalitionsvertrag vorgestellt werden.

Sehr zur Freude der Sozialdemokraten: „Auf Landesebene ist Rot-Grün gut eingespielt“, versichert Nordrhein-Westfalens SPD-Generalsekretär Michael Groschek. „Auf kommunaler Ebene spielen eben oft örtliche Besonderheiten eine Rolle“.