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Archiv-Artikel

Ein Banker rappt die Wand an

Bruchlandung, punktgenau: Der Rapper Spax hat mit dem Stück „Aus der Depression“ einen unterirdischen Beitrag zur Reihe „Zeitoper“ an der Staatsoper Hannover geleistet

Jung, urban, professionell und kurz vor der Ziellinie: Der Designerfernseher steht vor der Designercouch und alles ist ganz weiß und abgestimmt und gerade ausgepackt aus den Umzugskartons. Er, Mitte 30, betritt die Szenerie, fingert ein Feierabend-Bier aus dem Kühlschrank, checkt die Börsenkurse und hört vom Anrufbeantworter: „Ich mach‘s kurz. Ich werde nicht mit dir nach Hannover kommen. Susanne.“ Vollbremsung bei der Einfahrt in die Endstation Glück. Und Susanne lässt keinen Zweifel daran, dass sie Ernst macht.

So weit die Ausgangssituation des Einmann-Stückes „Aus der Depression“ in Hannover. Was nun folgt ist ein Monolog des Bankers zum Thema „Sie ist weg“, und zwar mal gesungen, mal gerappt: „Aus der Depression“ ist eine Inszenierung in der Reihe „Zeitoper“, die der Dramaturg Xavier Zuber an der Staatsoper Hannover initiiert hat. Zubers „Spielregeln“: In maximal 45 Minuten Länge sollen zeitgenössische Komponisten „schnell und spontan auf Themen der Gegenwart reagieren“. Entstehen soll dabei eine „lowbudget Oper“, die jenseits „elitärer Nischen“ die „Ränder der Operntradition genussvoll ausschreitet“.

Bei „Aus der Depression“ in der alten Kestner-Gesellschaft hat das der Hannoveraner Rapper Spax übernommen: Er hat die Musik und den Text geschrieben, gesungen und gerappt wird von dem Tenor Neal Banerjee. Wobei es musikalisch keinerlei Experimente gibt: Spaxens Songs haben nichts mit Oper zu tun. Es handelt sich lediglich um fünf Popsongs mit bemerkenswert unterirdischen Textzeilen wie: Und nun ist es vorbei / die Zeit war unser Feind / und ist der Schmerz erst gegangen / die Erinnerung bleibt.

Dabei übersteht Sänger Banerjee den Trennungsschmerz im Dudelfunkformat nur mit Mühe, und weil es keine Guckkastenbühne mit Zuschauerraum gibt und die Zuschauer stattdessen um ihn herum sitzen, rappt Banerjee vorsichtshalber die Wand an. Nach 45 Minuten ohne irgendeine Dramaturgie ist dann völlig unvermittelt Schluss: Eine punktgenaue Bruchlandung. Zu retten war zu diesem Zeitpunkt allerdings ohnehin nichts mehr. Klaus Irler

Aufführungen: 10. und 11.12., 21 Uhr, Kestner-Gesellschaft (Warmbüchenstr.)