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Archiv-Artikel

Der Rapolder-Rap

Horrortrip nach Ostwestfalen: Meister Bremen verliert in Bielefeld mit 1:2 und muss sich in der Tabelle vom Aufsteiger überholen lassen

Von Markus Jox

Das war zweifelsohne die Woche des Uwe Rapolder. Vor ein paar Tagen erst hatte unvermittelt Dortmund-Großaktionär Florian Homm von Mallorca aus Interesse am Trainer des Bundesliga-Aufsteigers angemeldet und damit den „Marktwert“ des sowieso nicht unbedingt mit Minderwertigkeitskomplexen ringenden Mannes nach oben getrieben. Nun gilt Homm nicht unbedingt als Fußballexperte, aber seit Samstag, nach dem überzeugend herausgespielten 2:1-Heimsieg gegen Meister Werder Bremen, findet sich Rapolders Team bereits auf Rang 6 der Bundesligatabelle wieder. Und das spricht doch irgendwie für sich. Die Ostwestfalen haben Werder jetzt sogar überholt – denen droht der Absturz in die Mittelmäßigkeit.

„Viel hängt von der Organisation ab, im Fußball bin ich ein Ordnungsfanatiker“, hatte Rapolder jüngst das Fachblatt kicker wissen lassen. Und wirklich ließ sich die Elf, die bereits ihre letzten Heimspiele gegen Dortmund und Hertha BSC Berlin hatte gewinnen können, von den wacker kombinierenden, aber im Angriff harmlosen Männern um Micoud nicht irritieren. Bielefeld wartete geduldig auf seine Chance, die in der 45. Minute plötzlich da war. Ervin Skela spielte einen Steilpass auf den unheimlich spielstarken Delron Buckley, der spurtete auf Linksaußen und schlug einen Zuckerpass vors Tor. Während Herr Ismaël hinterherblickte, Herr Baumann träumte, und Herr Schulz entsetzt glotzte, drückte der frei stehende Fatmir Vata den Ball über die Linie. So kontert man die Werder-Abwehrkette aus.

Dasselbe Bild in Halbzeit zwei: Scheiterte Skela unmittelbar nach Wiederanpfiff und erneut nach einem Pass des Südafrikaners noch am rechten Innenpfosten, war es in der 77. Minute Marco Küntzel, der eine Buckley-Hereingabe zum 2:0 verwandelte. Obwohl Werder danach zeitweise vier Stürmer auf dem Feld hatte – Nelson Valdez holte sich wegen einer Notbremse törichterweise die rote Karte ab – gelang dem Team nur noch das 1:2 durch Ivan Klasnic (83.).

Thomas Schaaf, der am Mittwoch mit seiner Mannschaft im Weserstadion auf Inter Mailand trifft, stand nach dem Schlusspfiff sekundenlang wie zur Salzsäule erstarrt vor seinem Trainerstuhl und stierte ins Leere. Schon während des Spiels war der Anblick des Bremer Trainerstabs geradezu mitleiderregend: Die Mützen und Kapuzen tief in die grauen Gesichter gezogen und trotz dicker Jacken fröstelnd machten die Verantwortlichen trübe Miene zum Kick ihrer Elf. Sportdirektor Klaus Allofs war nach der Partie derart bedient, dass er „für das Eichhörnchenprinzip“ plädierte: Bis Weihnachten müsse man jetzt „möglichst unbeobachtet Punkte sammeln“.

Ganz anders Uwe Rapolder: Wie ein Impresario schritt der Mann, der phänotypisch irgendwo zwischen Jörg Berger und Hans-Jürgen Bäumler anzusiedeln ist, in seinem dunklen Mantel die Seitenlinie auf und ab und kostete den Triumph aus. „Für mich war es unbegreiflich, dass ich 14 Monate keinen Job hatte“, hatte der 46-Jährige in dem Kicker-Interview getönt. Und einen Satz hinterhergeschoben, den ein Thomas Schaaf nie und nimmer über die Lippen brächte: „Aber ich weiß, was ich kann – ich bin ein Top-Trainer.“