: Frei Parken für Entschulder
Bürger, die ,ihre‘ Pro-Kopf-Verschuldung zahlen, sollen lebenslang freien Eintritt in städtische Einrichtungen erhalten. Schlagen zumindest die Hannoveraner Grünen vor
Hannover taz ■ Wer knietief im Dispo steckt, geht ins Pfandhaus oder zur Schuldenberatung. Weil aber die Kreditwürdigkeit der öffentlichen Hand quasi unendlich ist, steigen die Schulden von Bund, Ländern und Kommunen ins Unermessliche. Zumindest innovativ scheint da die Idee von Lothar Schlieckau, dem Chef der Ratsfraktion der Grünen in Hannover. Mit seinen sechs Thesen zum „Fanprojekt Hannover“ will er die Bürger aktivieren, denn „nur dann sei die Stadt überlebensfähig“. So schlägt Schlieckau neben zinslosen Anleihen mit Zweckbindung zum Beispiel für die Sanierung von Schulen auch ein Bonus-System vor: Die Aktion ,Rück’-Zahlung der Pro-Kopf-Verschuldung. Im Jahr 2002 saß jeder der 515.000 Hannoveraner umgerechnet auf einem Schuldenberg von 1.332 Euro. Tatsächlich soll es bereits Bürger gegeben haben, die bei der Stadt ,ihre‘ Pro-Kopf-Verschuldung gezahlt haben. Einfach so, ohne Gegenleistung.
Um so mehr müssten doch erst bereit sein, ihr Scherflein beizutragen, wenn die Stadt ihnen dafür konkrete Vorteile böte. Die Kultur-Card, lebenslangen freien Eintritt in Museen, die Herrenhäuser Gärten oder kommunale Schwimmbäder – auch zum Teil Institutionen, die wegen der Schuldenfalle direkt von Schließung bedroht sind. Auch frei Parken in der City hält Schlieckau für „denkbar“. Klar gebe das auch Einnahmeverluste. Die hält Schlieckau allerdings für verschmerzbar angesichts der Masse potentieller „Kunden“. Es gehe ja, auch wenn die Schulden der Landeshauptstadt inzwischen weiter gestiegen sind, „nicht um Riesen-Beträge“. Weil sich auch jemand mit mittlerem Einkommen engagieren könne, meint der Grüne, bis zu 30 Prozent der Hannoveraner könnten zu „Entschuldern“ werden. Und wenn es nur 20 Prozent – also gut 100.000 – täten, hätte die Stadt plötzlich fast 140 Millionen Euro mehr im Säckel.
Wenig Glauben ins Gutmenschentum scheint im niedersächsischen Finanzministerium zu regieren. Ursache hätte man genug – die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes lag im vergangenen Jahr bei 5.425 Euro – und „Geld nehme ich jederzeit gern“, sagt Finanzminister Hartmut Möllring (CDU). Noble Spender würde er sogar persönlich mit einer Urkunde beglücken. Nur sei „eine echte Gegenleistung“ beim Land schwer zu erwarten“. Im Angebot Niedersachsens sind in erster Linie Knäste und Landeskrankenhäuser. ksc