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Archiv-Artikel

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In der gerade erschienenen Werkmonografie Roland Rainers kommt die Bremer Stadthalle noch einmal richtig groß raus – als ein pathetisches Nachkriegsbauwerk. Und als Opfer einer allmählichen Zerstörung

Pathetisch recken sich die sechs Stahlbetonbinder in den Abendhimmel. Durch das hell erleuchtete Foyer werden ihre schlanken Profile akzentuiert. Im Vordergrund die schemenhaften Silhouetten parkender Autos: VW-Käfer, Opel Rekord und natürlich Lloyd. Im Hintergrund der Lichtkreis eines Riesenrades. Eindeutig: Freimarkt auf der Bremer Bürgerweide in den 60er-Jahren.

Das Bild wird einem ins Auge springen, wenn man dieser Tage die Architekturabteilung eines gut sortierten Buchladens betritt. Es ist das Cover-Foto der aktuell herausgegebenen Werkmonografie des Wiener Architekten Roland Rainer. Das rund 250 Seiten starke Werk ist im renommierten Springer-Verlag erschienen. Es bietet einen umfassenden Überblick über das vielschichtige Schaffen des 93-jährigen Architekten – „vom Sessel bis zum Stadtraum“, wie es im Untertitel heißt.

Dass die Bremer Stadthalle mit dem Titelfoto so prominent in den Mittelpunkt gestellt ist, hat nicht nur mit ihrer Bedeutung in Rainers Werk zu tun, sondern auch mit ihrem aktuellen Schicksal. Das deutet der zweite Teil des Untertitels an: „Geplant, errichtet, verändert, vernichtet“. Zwölf Seiten widmet das Buch der Geschichte dieses Bauwerks bis zur Gegenwart.

Rainer beschreibt die Veränderungen und Anbauten, die die Halle seit den 80er-Jahren peu à peu erfahren musste, bis zu den jüngsten Planungen: „Eine Zerstörung in Etappen“. Und weiter: „Wenn man hinter all diesen verschiedenen, aber gleich gerichteten Aktionen eine Regie vermuten wollte, so müsste dem Regisseur zu diesen erfolgreichen Leistungen zweifellos gratuliert werden – vor dem Vorhang!“ Doch wenn sich schon keiner vor den Vorhang traut, so sollten sich doch wenigstens viele dieses Buch auf dem Gabentisch wünschen. Nicht nur aus Erinnerung an eine Zeit, als man sich in Bremen architektonisch noch etwas mehr zutraute. Auch die weniger spektakulären Arbeiten dieses Meisters eines landschaftsbezogenen Bauens sollte man kennen lernen. Eberhard Syring

Roland Rainer: Das Werk des Architekten 1927-2003. Springer-Verlag Wien, New York, 256 Seiten, 49,80 Euro